PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
15.
Am dritten Fastensonntag
Die Austreibung eines Teufels
Lukas 11,14-26: Und er trieb einen Teufel aus, der war stumm. Und es geschah, da der Teufel ausfuhr, da redete der Stumme. Und das Volk verwunderte sich. Etliche aber unter ihnen sprachen: Er treibt die Teufel aus durch Beelzebub, den Obersten der Teufel. Die anderen aber versuchten ihn und begehrten ein Zeichen von ihm vom Himmel. Er aber erkannte ihre Gedanken und sprach zu ihnen: Ein jegliches Reich, so es mit sich selbst uneins wird, das wird wüst; und ein Haus fällt über das andere. Ist denn der Satan auch mit sich selbst uneins, wie will sein Reich bestehen, dieweil ihr sagt, ich treibe die Teufel aus durch Beelzebub. So aber ich die Teufel durch Beelzebub austreibe, durch wen treiben sie eure Kinder aus? Darum werden sie eure Richter sein. So ich aber durch Gottes Finger die Teufel austreibe, so kommt ja das Reich Gottes zu euch. Wenn ein starker Gewappneter seinen Palast bewahrt, so bleibt das seine mit Frieden. Wenn aber ein Stärkerer über ihn kommt und überwindet ihn, so nimmt er ihm seinen Harnisch, darauf er sich verließ, und teilt den Raub aus. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. Wenn der unsaubere Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandelt er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht, so spricht er: Ich will wieder umkehren in mein Haus, daraus ich gegangen bin. Und wenn er kommt, so findet er's gekehrt und geschmückt. Dann geht er hin und nimmt sieben Geister zu sich, die ärger sind denn er selbst; und wenn sie hineinkommen, wohnen sie da, und es wird hernach mit demselben Menschen ärger denn zuvor.
Empfangen am 27. Juni (Jan.?) [1]1872
Der Fall Luzifer und seine Folgen
Um diese Tat zu verstehen und zu würdigen, müsst ihr erst wissen, was ein Teufel in der Tat ist und wie er in den Menschen hineinkommen kann.
Um nun dieses euch zu erklären, muss Ich weiter ausholen und euch in frühere Zeitenläufe zurückführen, wo noch keine materielle Welt und nur das Geisterreich bestand.
In dieser Zeit missbrauchte Luzifer, Mein erster Engel, der Lichtträger, in die fernsten Räume des Geisterhimmels seine Macht, ward voll Übermut und Trotz, und lehnte sich nebst seinem Anhang gegen Mich auf; und da er sowie seine Anhänger von einer persönlichen Rückkehr zu Mir nichts wissen wollten, so wurden sie aus erbarmender Liebe von Meinem festen Willen gefangengenommen, oder was das selbe ist, sie wurden in die Materie oder das Körperliche gebannt, oder die Materie wurde als ein Kerker für das gefallene Geistige geschaffen, damit letzteres nicht noch tiefer sinke und ihm eine Rückkehr zu Mir, wenn auch erst auf dem Weg einer langdauernden stufenartigen Läuterung, ermöglicht werde.
Dieser Läuterungsprozess dauert auch heute noch fort und wird fortdauern, bis alle die Gefallenen wieder das geworden sind was sie dereinst waren, nämlich Geister, die Meine Macht und Liebe erkennen, und Meinen großen Schöpfungsplan werktätig zu fördern suchen. Dazu hat jeder Geist die unantastbare individuelle oder persönliche Freiheit von der angenommenen verkehrten Richtung zurückzukehren oder nicht.
Die Geister waren und sind nicht alle gleich in Einsicht, Erkenntnis und Güte, es gab und gibt nicht zwei Geschöpfe, die geistig aneinander vollkommen gleichen; und so war und ist die Art und Weise jener Wesen zu denken und zu handeln sehr verschieden, dem einen genügte seine geistige Stufe, dem anderen nicht, einer strebte nach Besserem, der andere fiel mehr von Meiner Liebeordnung ab in Schlimmeres, der eine widerstand den Anfechtungen zum Schlechten, während der andere dem Einfluss der Besseren widerstand. So viel es geistig denkende Wesen gab und gibt ebenso vielerlei Ansichten über Mich, Meine Welt, über die Notwendigkeit oder Nicht-Notwendigkeit eines Fortschritts bestanden unter ihnen und bestehen noch.
Diese große Verschiedenheit bestand und besteht sowohl unter den guten wie auch unter den bösen Geistern; und so wie die dem Guten oder Meiner Ordnung Nachstrebenden Mich als ihren höchsten Herrn erkennen, so sehen die dem Schlechten oder Meiner Widerordnung Anhängenden den Satan als Höchstes an.
Diese Verschiedenheit bedingt das große geistige Leben und Treiben das zum Bestand des Geisterreichs notwendig ist, denn wenngleich die und große Masse abgefallener Geister nebst ihrem Anführer oder Verführer eine andere Richtung einschlugen als die für alle bestimmte, so müssen ihre, Mir und Meinem Liebesgesetz entgegengesetzten Handlungen doch nur zu Meinen Zwecken beitragen, damit sie eben in diesen Endergebnissen die ihren Wünschen nicht entsprechen, Meine Allmacht erkennen, der sie sich – sie mögen tun was sie wollen – nicht entziehen können.
Dasselbe ist mit den Seelen der auf allen Welten lebenden Menschen der Fall, sobald sie ihren Körper verlassen wieder dem Geisterreich angehören; auch sie haben Willensfreiheit, können vor- und rückwärtsschreiten, können tun was sie wollen, können bleiben was sie im Leben waren, oder können durch Umgang mit anderen besseren oder auch schlechteren Seelen besser oder schlechter werden; ihr Wirkungskreis ist durch nichts beengt als wie durch die Existenzmittel die jede geistige Stufe mit sich bringt.
Die Einflussnahme böser Geister
Diejenigen primitiven Geister wie auch Seelen, die schon in einem menschlichen Körper gelebt aber keinen Drang zum Vorwärtsschreiten haben, suchen sich damit zu beschäftigen, dass sie andere Geister, oder wenn ihr Einfluss auf in verkörpertem Zustand Lebende möglich ist, auch diese in ihren Bereich zu ziehen und ihnen ihre Ansichten und Neigungen beizubringen, woher es dann kommt dass, je mehr der Mensch seine eigenen bösen und lasterhaften Leidenschaften nährt, er immer leichter diesem Einfluss unterliegt, und endlich ganz diesen bösen, von Langeweile geplagten Geistern zur Beute wird.
So wie jetzt überall durch Klopfen, Schreiben, Sprechen und andere Mittel die Geister auf einzelne dazu geeignete Menschen einwirken können und mittelbar wenigstens dazu beitragen, den an ein Fortleben der Seele Ungläubigen den Bestand einer noch anderen Welt zu zeigen, ebenso wirken böse Geister Verstorbener auf das Gemüt und auf den Körper des Menschen ein, wo dann Geistes- oder Körperkrankheiten die sichtbaren Folgen sind.
Könntet ihr mit geistigen Augen sehen, so würdet ihr eine andere Welt in und um euch erblicken, die ebenso wie diese euch sichtbare materielle sich bemüht euch den Gang zu Mir zu erschweren, und deswegen rief Ich auch einst Meinen Jüngern im Garten von Gethsemane zu: Wachet und betet, dass ihr nicht in der Versuchung fallt!
Diese geistigen Einflüsse sind besonders anfangs fast so unmerklich und sanft und verbergen unter beschönigenden Gründen der Eigenliebe ihr verderbliches Gift, dass ein feines Gefühl und stete Wachsamkeit dazu gehört, um nicht statt des eigenen den Willen anderer zu tun.
Sucht der Mensch aber standhaft zu widerstehen und sieht der böse oder schlechte Geist, dass seinen Einflüssen kein Gehör gegeben wird, so lässt er von diesem Menschen ab und sucht sich für seine Ideen oder seinen Zeitvertreib jemand anderen, weil auch er seine Zeit nicht unnütz verlieren will.
Im Geisterreich wird alles offenbar
Hättet ihr die geistige Sehe, so würde sich das Treiben der Geisterwelt vor euren Augen wie das irdische abwickeln, aber in einem erweiterten Maß weil ein Geist dort sich so zeigt wie er ist und nicht heucheln, simulieren oder verbergen kann was er gern verbergen möchte; denn dort ist der Mensch als Geist nur der Abdruck seines geistigen Ichs, seiner Gedanken und nicht seiner Taten, die auf Erden nicht immer mit seinen Gedanken übereingestimmt haben. Während im irdischen Leben tausende eurer Gedanken von anderen nicht bemerkt und beurteilt werden können und erst die Tat solche anderen Menschen verrät, so bleiben diese flüchtig durch euren Kopf und euer Herz laufenden Gedanken doch eurem inneren Geistmenschen dauern eingeprägt, und das wird einst gleichsam die äußere, geistige Umkleidung eures Seelenmenschen ausmachen, und diese wird folglich so sein wie das wirkliche Innere beschaffen war und ist.
Im Geisterreich kann man schon im Voraus bemerken welche Idee den einen oder anderen bewegt dies oder jenes zu tun, denn dort werden schon die Gedanken gewogen, während im Irdischen nur die Tat die Idee eines anderen verrät, ja selbst da oft noch anders gehandelt wird als man denkt.
Wenn die Menschen wüssten, welche geistige Qualen sie den Hinübergegangen bereiten so sie ihnen beispielsweise fluchen, und welche Rachegefühle sie in ihnen dadurch anfachen, sie würden schaudern vor solchen Gedanken und ebenso, wenn zwei im Groll auf dieser Erde voneinander scheiden. Die Geister verstorbener Menschen die dort anlangen, werden von anderen Geistern entweder mit Liebe oder mit Hass empfangen; ihr würdet staunen, welche moralischen Kämpfe dort eine Seele durchmachen muss bis sie selbständig ihren Weg durchgehen kann.
Gedankenkontrolle
Daher seid moralisch! Beachtet streng eure Gedanken, denn ihr ruft oft mit einem Gedanken ein Heer gleichgesinnter schlechter Geister in eure Nähe, und während ihr glaubt ihr hängt diesen Gedanken bloß nach, so sind es solche Geister die euch in ihr Netz zu verstricken trachten, die eure guten Eigenschaften zu vernichten streben, und in euch dann den Entschluss zu einer bösen Tat zur Reife bringen wollen, die wieder für euch und tausende andere Menschen und Geister von für euch unberechenbaren Folgen sein kann.
Einst sagte Ich: Wenn ein unreiner böser Geist von dem Menschen ausfährt, so durchwandert er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet solche nicht. Dann kehrt er mit noch sieben ärgeren Geistern zurück, und diese wohnen bei dem Menschen, und es wird sein letzter Zustand ärger als der erste sein.
Seht, das ist das Bild eines Menschen, der wohl eine Leidenschaft besiegt, einen Teufel aus sich entfernt zu haben glaubt, sich dann aber wieder nachlässig seinen früheren Lieblingsgedanken hingibt; er nährt dadurch ein Flämmchen das von den in der Finsternis tappenden Geistern bemerkt und ihnen, gleich den Mücken, als Anziehungspunkt dient; dort ziehen sie dann hin, beginnen ihr teuflisches Spiel mit verstärkter und vereinter Kraft, bis der geplagte Mensch in ihr Netz fällt und dann oft auf lange Zeit für Mein Reich verloren ist.
Die Beschaffenheit des Jenseits
Die euch unsichtbare geistige Welt ist nicht so rosig wie eure Priester selbe euch vorstellen, sie ist aber auch nicht so höllisch wie die Fantasie gewisser Religionsfanatiker sie euch vormalen möchte. Die Wahrheit liegt in dem: Wie der Mensch geistig beschaffen ist, so sieht er auch die geistige Welt; es ist aber in der materiellen Welt die ihr jetzt bewohnt ebenso, ein veredelter Mensch mit reiner Mir ergebener Gesinnung wird auch dort als Geist in dieser Gesinnung verbleiben; er wird gefallenen verirrten Geistern dort ebenso aufzuhelfen und sie auf den richtigen Weg zu führen suchen wie er es während seines irdischen Lebenswandels getan hat. Die Seele, die den inneren Frieden mitbringt, empfindet auch dort nur Frieden; bringt sie aber Hass und Stolz mit, so wird sie dasselbe auch dort ausüben wollen.
In Meiner Schöpfung gilt das Gesetz der Schwere und der Anziehungskraft; je schwerer ein Körper ist und je fester seine kleinsten Teilchen zusammengefügt sind, desto größer ist die Kraft die seine Urelemente zusammenhält, und desto weniger ist er dem Licht und der Wärme der Sonne zugänglich; und entgegengesetzt: Je leichter ein Körper oder Stoff ist, desto geringer ist die Kohäsions- oder Anziehungskraft, desto leichter ist auch eine Erhebung möglich, und desto mehr kann das Licht und die Wärme der Sonne auf ihn einwirken und ihn durchdringen.
Ebenso ist es auch im Geisterreich: Je mehr eine Seele des groben unreinen Stoffes vermöge ihrer Neigung zum Bösen noch in sich hat, desto mehr wird sie zur Materie oder zum irdischen gezogen, und desto finsterer sie ist und umgekehrt. Je reiner eine Seele in ihren Gesinnungen ist, desto leichter kann sie sich von dem Materiellen entfernen, und desto mehr sucht sie sich aufzuschwingen zu den lichten Höhen, und desto lichter ist sie auch selbst.
Die finsteren Geister sind es, die am Licht anderer sich beleben und erwärmen wollen um sich der Finsternis zu entwinden, oder sie suchen andere in ihre Finsternis hineinzuziehen.
Im Geisterreich gibt es einen ewigen Kampf neben Ruhe; Verfolgung und Abstoßung neben Einigung und liebender Zusammengesellung, und so müssen die Geister ihren Läuterungsprozess durchmachen, auf die Zeit kommt es nicht an, denn die Ewigkeit ist lang. Niemand wird gezwungen, was er sein will das ist er.
Daher gebt euch alle Mühe, schon hier so viel Stärke zu erlangen, dass ihr den Versuchungen dort zu widerstehen und sogleich mit besseren Geistern zusammenkommen befähigt werdet, wo dann natürlich von einem Kampf oder Verführung keine Rede mehr sein wird.
Flucht und verwünscht niemanden, denn das rächt sich gewiss, entweder schon hier oder einst jenseits.
Es gibt nur zwei Wege, die einer wandeln kann: Entweder zu Mir oder hinweg von Mir; denn wer nicht mit Mir ist der ist gegen Mich, und wer nicht mit Mir sammelt der zerstreut.
Daher selig diejenigen unter euch, die Meine Worte hören aber auch befolgen werden, denn diese werden manchen sonst unausbleiblich schlimmen Folgen ihres irdischen verkehrten Handelns im Jenseits entgehen.
Ich könnte euch zwar an dieser Stelle noch viel über jene Welt sagen, doch unterlasse Ich es weil Ich euch eine genauere Beschreibung davon in der Geistigen Sonne [2] gegeben habe; selbe ist zwar auch nur ein Schattenriss der großen Wahrheit, aber genau durchdacht genügt das als ein Mahnruf, und ihr könnt Mich einst nicht beschuldigen als hätte Ich euch nicht einen Blick in jene Welt tun lassen, die einst euer Aufenthalt, und zwar der bei weitem längere, sein wird.
Besessenheit und Heilung
Was die einzelnen seltenen Fälle betrifft, wo ein oder mehrere böse Geister von einem Menschen Besitz genommen haben und gemeinhin als Körperkrankheiten angesehen werden, so sind selbe oft aus guten Gründen zugelassen. Solche Besessene oder Kranke können nur durch willensstarke religiöse Menschen geheilt werden, die Mich und Meine Macht schon längst kennen und auch Vertrauen zu Mir haben, dass Ich ihnen helfe wenn sie darum bitten, indem sie solchen Kranken die Hände auflegen wie Ich es Selbst während Meines irdischen Wandels getan habe, und für sie beten. Doch kann eine Heilung nur dann erfolgen, wenn es Mein heiligster Wille ist, was dabei wohl zu beachten ist.
Hier habt ihr ein kleines Bild des großen Geisterlebens, das Ich euch bei Anlass dieses Evangeliums vorführen wollte.
Es ist nicht genügend nur das zu erkennen was ihr seht, ihr müsst auch begreifen lernen, was außer der sichtbaren Welt noch besteht und den bei weitem größeren und wichtigeren Teil Meiner Schöpfung ausmacht, und von welchem teilweise auch die sichtbare Welt ihr Gepräge hat.
Aufgabe des Menschen
Geist bin Ich, Geist seid ihr, und geistig muss selbst die Materie werden. Diesen großen Kreislauf mit all seinen Stufen und Verwandlungen zu erkennen und in ihm sich seine eigene Stellung selbst zu erringen, das ist die Aufgabe die euch gegeben wurde, und die Ich euch unaufhörlich zu erleichtern suche indem Ich euch Mittel und Wege zeige wie man hier schon das Meiste bewältigen kann und soll um es einmal jenseits leichter zu haben. Amen.
[1] Es muss sich wohl dabei um den Monat Januar handeln, da die Predigten fortlaufend diktiert wurden und am 7. Mai 1872 mit dem Nachwort endeten. Auch hat Gottfried Mayerhofer die Predigten zu den jeweiligen Sonntagen immer im Voraus erhalten; im Jahr 1872 wurde der Sonntag Okuli mit diesem Lukas-Evangelium am 3. März gefeiert.
[2] Jakob Lorber, Die geistige Sonne (2 Bände)