Gottfried Mayerhofer Ist die Bibel Gottes Wort? - Gottfried Mayerhofer

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Ist die Bibel Gottes Wort?


Wenn es deinem Bruder nicht so ernst wäre mit seinem Ich und mit seinem geistigen Fortschritt, so würde Ich auf seine Zweifel nicht antworten, weil Ich stets den freien Willen des Menschen respektierend ihm die Wahl gelassen hätte, entweder den Eingebungen eines anderen, auf Irrwegen gehenden Menschen oder Meinen Ratschlägen zu folgen.
Dein Bruder kann überzeugt sein, dass es Mir ganz gleichgültig ist ob er glaubt, dass alle diese Mitteilungen, die er bis jetzt durch dich bekommen und gelesen hat, von Mir herrühren oder nicht; wenn er nur, was in diesen Mitteilungen euch allen gegeben ist, befolgen würde, so glaube Ich, es würde dann bald in seinem Gemüt so viel Licht werden, dass er den rechten Geber schon herausfinden könnte.
Die größten Einwürfe, die er mit seinem Verstandesleben gegen diese Gnadenmitteilungen macht, sind vorerst, dass selbe nicht überall mit der Bibel übereinstimmen. Gut, nun frage Ich aber, was ist denn eigentlich die Bibel? Ist sie ein von Mir direkt und ohne fremde Einmischung gegebenes Werk, wo nur Meine Worte enthalten sind oder ist sie ein zusammengetragenes, teils wahr und teils falsches Menschenwerk, welches sich die Vertreter Meiner Lehre und Ausüber derselben seit frühesten Zeiten nach ihren Interessen eingerichtet haben?
Sieh nun, Mein lieber Sohn, hier muss Ich dir antworten, die Bibel ist nicht Mein, nicht Gottes-, sondern ein Menschenwerk. Was ist das Alte Testament? - Das Alte Testament ist von der Schöpfungsgeschichte Moses angefangen bis ans Ende mit allen Propheten vorerst ein Bild der geistigen und materiellen Schöpfung, welches die meisten Leser und Ausleger bis heute noch nicht im wahren Sinn haben entziffern und verstehen können.
Die weiteren Mitteilungen, was sind sie? - Die geschichtlichen Darstellungen der Kriege der Juden mit den angrenzenden Völkern, und die Mahnworte der Propheten, die zwar durch Mich getrieben schreiben mussten, was Ich ihnen in die Feder diktierte, um dieses Judenvolk zu warnen und zu retten, dieses Volk, welches Ich zu großer Mission erkoren hatte, was aber trotz alle dem nicht möglich war zu erreichen, wie es die Geschichte bis auf den heutigen Tag klar beweist. Nur vereinzelt findest du da oder dort Mitteilungen von Mir, wo es heißt: Und der Herr Gott Jehova Zebaoth sprach zu Mir!
Wo existiert eine so lange Folge von Lehren, Mahnungen und Aufklärungen, wie Ich selbe nun schon seit mehr als dreißig Jahren (seit 1840) Selbst gegeben habe? – Nirgends! Überall waren es Propheten, aber nur Menschen, die da schrieben, ja schreiben mussten, von Meinem Geist getrieben.
Das Neue Testament, was weist denn dieses auf, ist es Gottes- oder Menschenwerk? Die Antwort auf diese Frage ist wieder die nämliche, ein Menschenwerk, verstümmelt, zugeschnitten und mit anderen Dingen ergänzt, je nach dem Bedürfnis des Zeitalters, wo es geschrieben wurde, und wie es der damaligen Geistlichkeit am besten passte.
Die Offenbarung Johannes ist das einzige von Meinem Apostel geschriebene Werk, das aber bis jetzt noch niemand versteht, so sehr sich viele die Mühe geben selbe zu entziffern, und zwar vor der Zeit als Ich es will. Alles andere, was nun im Neuen Testament steht, was Meine Lebens- und Leidensgeschichte betrifft, ist zumeist nach den Aussagen Meiner Apostel und weniger von ihnen selbst aufgezeichnet worden, daher kommen die verschiedenen Abweichungen in der Erzählung von einzelnen Begebenheiten Meines Lebens und Leidens.
Nicht einmal die Briefe Meiner Apostel an verschiedenen Gemeinden sind unangetastet geblieben; manches wurde verändert, vieles als apokryph [zweifelhafte, unecht] erklärt, ausgemerzt oder auch falsch übersetzt.
Das ist also die Bibel in ihrem jetzigen Zustand, die so manche fanatische Ereiferer als Mein Werk, als Mein Wort betrachten wollen. Diese Blinden maßen sich an, sich und andere führen zu wollen, und wenn ein Blinder den anderen führt, so kannst du dir schon denken, was da herauskommt.
Doch wisse, dass in der Bibel dasjenige, was Ich darin für die Menschheit als bleibendes Gut niederlegen wollte und derselben als ewige Richtschnur in Beziehung ihrer Bestimmung bleiben sollte wohl im inneren Sinn trotz der vielen Veränderungen unversehrt und rein geblieben ist.
Aber es gehört zu dem Auffinden dieses Sinns ein Geschlecht von geistigeren Menschen dazu, welche die Schale vom Kern zu unterscheiden wissen, dann werden auch die vorhandenen Widersprüche in den Auslegungen und Übersetzungen nichts mehr in dieser Hinsicht beeinträchtigen.
Du siehst also aus allem diesem, dass die Bibel als Gottes Werk nicht so gemeint ist, wie es die meisten Ausleger derselben wollen, weil dieses einzige Buch in einer Zeit geschrieben wurde, wo die Spitzfindigkeiten des Klerus noch nicht so weit gediehen waren als jetzt.
Dass Ich aber den eigentlichen Sinn dieses Buchs bis auf weitere Zeiten verbergen musste, dazu war der Grund, weil, sobald wieder eine Zeitperiode in der Menschheitsgeschichte verlaufen sein würde, Ich wieder wie einst Meine Propheten dann Seher erweckte, welche den reiferen Menschen Meine Wahrheit unverhüllter vortragen sollten, wie es eben jetzt geschieht, und zwar nicht in einzelnen abgebrochenen Sätzen, sondern in größeren Mitteilungen, wovon du selbst die Beweise in Händen hast.
Den zweiten Einwurf begegnend, nämlich als wären diese Eingebungen nicht von Mir, sondern zwar von einem höheren Geist, aber geschaffenem Wesen, den Ich zur Belehrung für euch bestimmt hätte, so muss Ich dich nur fragen, was glaubst du denn, was Ich eigentlich bin? Glaubst du denn nicht, dass wenn ein Gott existiert, Er doch der Gott der Wahrheit ist und keiner Lüge fähig, welche Er auch gegen euch Würmer gar nicht nötig hätte.
Warum sollte Ich, der allmächtige Schöpfer und Herr, euch hinters Licht führen wollen und einen Engelsgeist beauftragen in Meinem Namen mit euch sich in Verbindung zu setzen, und zwar aus diesem Grund, damit ihr dann dessen Worten mehr Glauben schenken sollt? – Bedenke nur selbst einmal, wie läppisch und geringfügig dieser Kunstgriff wäre für einen Menschen, geschweige erst für einen Gott. Wer zwingt denn Mich, euch etwas mitzuteilen? Und wenn Ich Mich eurer erbarme, wer schreibt denn Mir die rechten Wege und Mittel vor, welche am besten wären um euch auf den rechten Weg zu führen?
Wenn Ich es für angemessen gehalten hätte, einen Engel mit dieser Mission zu beauftragen, so wüsste Ich nicht, warum Ich euch solches verbergen sollte, da ihr ja doch nicht wegen dem Engel oder wegen Mir Selbst, sondern wegen eurem eigenen geistigen Wohl das befolgen sollt, was in diesen Kundgebungen euch zu eurem Seelenheil angeboten wurde.
Nicht das Lesen dieser Meiner heiligen Lehre führt zum Heil, sondern das Danachleben. Als ob Ich es euch sage oder ein Engel in Meinem Auftrag wäre gleichgültig, nur wer nach Meinen Worten lebt, erreicht das ewige Leben, alles andere hilft nichts.
Sobald als jemand nicht in der Befolgung Meiner Worte den Frieden seines Herzens und den wahren Ursprung dieser Lehre tagtäglich mehr fühlt, solange wird er den Geber alles dessen weder lieben noch schätzen lernen.
Nur im Fortschreiten zur Wiedergeburt wird derjenige sein Inneres stets lichter und lichter werden sehen, und wird seinen Schöpfer als seinen liebevollsten Vater stets mehr erkennen, Der ihm in seinem finsteren Erdenwandel mit so vieler Liebe und Gnade aus dem Wust von Irrlehren und Irrtümern heraus den rechten Weg zeigen will.
Sag Mir einmal, Mein lieber Sohn, wenn du alle diese neuen Kundgebungen und Mitteilungen über Mich, über Meine Schöpfung und über dein eigenes Ich gelesen und verstanden hast, wen wirst du mehr zu lieben anfangen, Mich oder den Engel, welcher vermeintlich solche Kunde gab?
Die Antwort ist leicht zu finden, und Ich überlasse sie dir selbst. Dass eben Ich Selbst diese Mitteilungen übernommen habe, schmeichelt bloß eurer Eigenliebe, hat aber in Bezug auf die Befolgung Meiner Lehre gar keinen Einfluss. Ihr sollt ja nur eurethalben Meine Lehre befolgen, damit ihr freiwillig das werden mögt, zu was Ich euch auch zwingen könnte, das heißt, Mir ähnlicher zu werden, wenn Ich wollte.
Dass Ich gerade euch hier diese Gnade angedeihen ließ, ist ganz einfach: Nur wer Mich sucht, und auf dem Weg, wie Ich es will, nur von dem lasse Ich Mich finden!
Der Mich um Brot bittet, dem gebe Ich selbes, aber nachtragen will Ich niemand eine Kost, die er für den Augenblick nicht nötig zu haben glaubt! Ihr müsst aber nicht glauben, dass ihr jetzt, weil ihr diese Gnade genießt, schon wiedergeborene und fehlerfreie Menschen seid! O nein! Nicht im Mindesten deswegen erlangt ihr diese Gnade, nein, da wärst du in großer Irre. Ihr seid alle noch voller Fehler, fehlt tagtäglich, seid noch weit weg, wiedergeboren zu sein. Nur eines habt ihr vor vielen voraus, und das ist, dass es euch ernst ist, Menschen und auch Meine Kinder zu werden, wie es eure Mission und Mein heiligster Wunsch ist. Deswegen greife ich euch unter die Arme, unterstütze euch, und helfe so dem schwachen Kind die Stufenleiter, und zwar die einzige zu Mir, leichter erklimmen. Zu diesem Zweck sind alle diese Mitteilungen. Beharrung führt zum Ziel! Harrt aus! Und auch du wirst am Ende schon sehen, wie viel Wahres und Falsches an allen diesen Mitteilungen klebt, und ob selbe von Mir oder von einem Engel gegeben, und ob, wenn du selbe genau befolgst, diese Befolgung dich vom oder zum Endziel geführt hat.
Es ist aber ein unerschütterlicher Glaube nötig, ja zu vielem ist er der einzige Grundbau. Du glaubst an eine andere Welt, denn sehen kannst du sie nicht. Du glaubst an einen Einfluss höherer Geister, auch diese kannst du nicht fühlen. Du glaubst an Meine Existenz, und doch siehst du Mich nicht. Du glaubst an ein Fortleben in einem anderen Geisterreich, und die faktischen Beweise davon, wenn vielleicht auch im Einzelnen, aber im Ganzen, hast du nicht. Und so ist der erste Grund der Glaube, ohne den ein weiteres Aufbauen eines geistigen Systems unmöglich ist.
Mangelt dir der Glaube, so hilft alles Beweisen nichts, denn es sind Worte in den Wind gesprochen. Glaubst du also, diese Worte kommen direkt aus Meinem Mund, und hat dieser Glaube auf dich einen besonderen Einfluss, so richte deine Taten und Werke danach ein. Glaubst du, es sei ein anderer Geist, der dir sagt, wie du Mein Kind werden kannst, so lass den Engel Engel sein, und wenn du in ihm ein höheres Wesen erkennst, so suche wenigstens durch die Befolgung Meiner Lehre einst das zu werden, was jener schon wäre, das heißt ein tüchtiges Werkzeug für Meine unerforschlichen Ratschläge und Pläne! Dieses zu deiner Danachachtung, amen.

Quelle: Wahrheit über Spiritismus, Neu-theosophische Schrift Nr. 41, Kundgabe vom 29. September 1870.



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