Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
47.
Am einundzwanzigsten Sonntag nach Pfingsten

Die Frage nach dem Größten im Himmelreich
Matthäus 18,1-35: Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesu und sprachen: Wer ist doch der Größte im Himmelreich? Jesus rief ein Kind zu sich und stellte das mitten unter sie und sprach: Wahrlich ich sage euch: Es sei denn, dass ihr umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Wer nun sich selbst erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Und wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf.
Wer aber ärgert dieser Geringsten einen, die an mich glauben, dem wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft werde im Meer, da es am tiefsten ist.  Weh der Welt der Ärgernisse halben! Es muss ja Ärgernis kommen; doch weh dem Menschen, durch welchen Ärgernis kommt! So aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so hau ihn ab und wirf ihn von dir. Es ist besser, dass du zum Leben lahm oder als Krüppel eingehst, denn dass du zwei Hände oder zwei Füße hast und wirst in das höllische Feuer geworfen. Und so dich dein Auge ärgert, reiß es aus und wirf's von dir. Es ist dir besser, dass du einäugig zum Leben eingehest, denn dass du zwei Augen habest und wirst in das höllische Feuer geworfen.
Seht zu, dass ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allzeit in das Angesicht meines Vaters im Himmel. Denn des Menschen Sohn ist gekommen, selig zu machen, das verloren ist. Was dünkt euch? Wenn irgend ein Mensch  hundert Schafe hätte und eins unter ihnen sich verirrte: lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte? Und so sich's begibt, dass er's findet, wahrlich ich sage euch, er freut sich darüber mehr denn über die neunundneunzig, die nicht verirrt sind. So auch ist's vor eurem Vater im Himmel nicht der Wille, dass jemand von diesen Kleinen verloren werde.
Sündigt aber dein Bruder an dir, so geh hin und strafe ihn zwischen dir und ihm allein. Hört er dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er dich nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, auf dass alle Sache bestehe auf zweier oder dreier Zeugen Mund. Hört er die nicht, so sag es der Gemeinde. Hört er die Gemeinde nicht, so halt ihn als einen Zöllner oder Heiden. Wahrlich ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein. Weiter sage ich euch: wo zwei unter euch eins werden, warum es ist, dass sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
Da trat Petrus zu ihm und sprach: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. Darum ist das Himmelreich gleich einem König, der mit seinen Knechten rechnen wollte. Und als er anfing zu rechnen, kam ihm einer vor, der war ihm zehntausend Pfund schuldig. Da er's nun nicht hatte, zu bezahlen, hieß der Herr verkaufen ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, und bezahlen. Da fiel der Knecht nieder und betete ihn an und sprach: Herr, habe Geduld mit mir, ich will dir's alles bezahlen. Da jammerte den Herrn des Knechts, und er ließ ihn los, und die Schuld erließ er ihm auch. Da ging derselbe Knecht hinaus und fand einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Groschen schuldig; und er griff ihn an und würgte ihn und sprach: Bezahl mir, was du mir schuldig bist!
Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis dass er bezahlte, was er schuldig war. Da aber seine Mitknechte solches sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten vor ihren Herrn alles, was sich begeben hatte. Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu ihm: Du Schalksknecht, alle diese Schuld habe ich dir erlassen, dieweil du mich batest; solltest du denn dich nicht auch erbarmen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und sein Herr ward sehr zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis dass er bezahlte alles, was er ihm schuldig war. So wird euch mein himmlischer Vater auch tun, so ihr nicht vergebt von eurem Herzen, ein jeglicher seinem Bruder seine Fehler.


Empfangen am 28. April 1872

Warum Jesus in Gleichnissen und Bildern redete

Schon öfters habe Ich euch gesagt, dass Ich Meinen Jüngern und auch sonstigen Anhängern alles einzeln erklären musste was schon in Meinen zwei Liebesgeboten gesagt, und auch in den zehn Geboten Mosis noch deutlicher gemacht und noch mehr zergliedert ist; allein, da Ich mit Leuten zu tun hatte, die gern für jeden vorkommenden Fall genauest wissen wollten wie sie sich dabei insbesondere zu verhalten hätten, so war Ich eben wegen ihrer Neigung, sich an bestimmt ausgesprochene Gebote und Vorschriften zu halten, gezwungen, ihnen bei allen Gelegenheiten, entweder durch nähere Erklärungen oder durch Gleichnisse alles so zu erläutern, dass sie möglichst für jeden im Leben vorkommenden Fall einen bestimmten Anhaltspunkt hatten.
So findet ihr in diesem Kapitel vom Anfang bis zum Ende Verhaltensregeln, teils klar, teils in Gleichnissen und Bildern ausgesprochen, um Meine Jünger und künftigen Anhänger Meiner Lehre nicht im Zweifel zu lassen wie sie sich in allen nur möglichen vorkommenden Fällen zu benehmen und auch andere darüber zu belehren hätten.
Meine Jünger waren damals noch wie unmündige Kinder, die noch keinen wahren Begriff von Mir und Meinem Reich sich bilden konnten, wozu sie erst nach dem Überkommen Meines Geistes befähigt wurden; und so findet ihr oft so einfältige und unschuldige Fragen, dass es zum Verwundern scheint wie selbe unter dem Einfluss Meiner Gegenwart, Meiner Worte und Taten, von ihnen gestellt werden konnten.


Vom kindlichen Sinn

Eine solche Frage ist die im Eingang dieses Kapitels mitgeteilte: Wer ist der Größte im Himmelreich? Wenn nun Meine Jünger noch so fragen konnten, so könnt ihr euch denken, wie erst die anderen, weniger Eingeweihten, darüber wie über Meine Lehre denken mochten.
Um ihnen eine begreifliche Antwort zu geben, nahm Ich ein Kind, stellte es unter sie und sprach: Wahrlich, Ich sage euch, wenn ihr euch nicht umändert und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen; wer sich aber selbst erniedrigt wie dieses Kind, der ist der Größte im Himmelreich. Ich wollte damit sagen: Wer sich nicht aus freier Selbstbestimmung die Einfalt, Bescheidenheit, Demut und den Unschuldsinn der Kinder, der mit dem Engelssinn Meiner Mir am nächsten stehenden Wesen verglichen werden kann, aneignet, der wird die Seligkeit Meiner Himmel nicht zu verkosten bekommen, und fügte noch hinzu: Wer ein solches Kind oder einen Menschen, der sich dieses Kindes- oder Engelssinn angeeignet hat, und der ohne Falsch, aufrichtig und voll Vertrauen jedem entgegenkommt, in Meinem Namen in seine Liebe aufnimmt, der nimmt Mich auf; d.h. wer einem solchen Menschen mit Liebe entgegenkommt, der wird daraus nur gute Früchte ernten; wer aber eines dieser Kleinen, die an Mich glauben, ärgert, dem wäre es besser, ein Mühlstein würde ihm an den Hals gehängt und er würde ins Meer geworfen, d.h.: Wer einen mit solchem Engelssinn Ausgestatteten wegen seiner geringen Weltklugheit verspottet oder die Gutmütigkeit desselben dazu missbraucht um ihn zu schädigen, oder wer ihn durch Wort oder Tat von seiner Denk- und Handlungsweise abzubringen sucht, dem wäre es besser, er erlitte einen körperlichen Tod als dass er durch solche Tat geistig abstürbe.


Vom Hand, Fuß und Auge ausreißen

Ferner sagte Ich ihnen: Wenn deine Hand (als weltlicher Tätigkeitstrieb) oder dein Fuß (als das der Welt zugewandte und auf ihr sich stützende Fortschrittsvermögen) oder dein Auge (der Weltverstand, der bloß die irdischen Dinge erkennt und das irdische Wohlergehen sucht) dich ärgern, so entferne sie von dir, trenne sie von deinem Seelenleib, denn es ist besser, dass du ohne Weltklugheit und Weltgewinn zum Liebeleben der Seele gelangst, als dass deine Seele zu viel von dem Weltlichen anziehe und ihre seelische Aufgabe, die in der Aneignung der Liebe besteht, unerfüllt lasse, und so vom Leben auf dieser Erde wenig oder gar keinen geistigen Nutzen ziehen könnte.


Vom verlorenen Schaf

Nachdem Ich nun Meinen Jüngern vorgestellt hatte, dass es besser sei, einen Teil des Ichs, einen Teil der Seelentätigkeit als die ganze Seele zu opfern wenn sie durch diese Tätigkeit in Gefahr käme, deutete Ich ihnen in den nachfolgenden Versen auch die Freude an, die Ich als Schöpfer empfinde wenn nichts von dem was Ich geschaffen habe verloren geht, sondern alles gereinigt und vergeistigt einst zu Mir zurück kehrt, was im Gleichnis vom guten Hirten und dem verlorenen Schaf zur Genüge ausgedrückt ist.
Um nun das Verlorene wiederzugewinnen gab Ich, wie in den weiteren Versen angegeben ist, Meinen Jüngern auch die Mittel an wie sie die Fehlenden und Irrenden, je nachdem sie minder hartnäckige oder schon verstockte Sünder seien ohne deren Eigenliebe zu nahe zu treten, bessern sollten.


Jesus Gegenwart

Ich gab ihnen ferner die Versicherung, dass, so zwei sich vereinigt oder in ihren Ansichten eins geworden seien, Ich ihnen Meinen Segen nicht verweigern werde so sie Mich darum bitten; ferner dass wo zwei in Meinem Namen versammelt sind, Ich als Dritter als Vereinigungs- und Friedensgeist mitten unter ihnen weile.


Von der Vergebung

Ich stellte ihnen vor, dass dem reuigen Bruder nicht nur einmal sondern stets wieder verziehen werden soll um seine Besserung zu ermöglichen, und sagte ihnen, wenn sie mit der Tugend der Duldung ausgerüstet einem Bruder seine an ihnen verübte fehlerhaften Handlungen vergeben, selbe ihm auch von Mir aus vergeben werden; und führte ihnen im Gleichnis von dem König, der mit seinen Dienern Abrechnung halten will, das vor Augen was Ich sie auch lehrte in dem Gebet, das Ich ihnen hinterließ, wo es heißt: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, damit sie nicht in hartnäckigen Fällen die Geduld verlieren und verdammen wo sie verzeihen oder fluchen wo sie segnen sollten.
Ich führte ihnen das Gleichnis in so grellem Licht vor Augen, damit sie ja niemals hart seien, sei es aus übertriebenem Eifer oder aus Unduldsamkeit gegenüber den menschlichen Fehlern oder aus falscher Beurteilung. Ich lehrte sie Meine Langmut und unbegrenzte Geduld begreifen, und bewies ihnen warum Ich Meine Sonne über Gute und Böse aufgehen lasse, weil Mein Ich nur Liebe ist, und Liebe nicht strafen sondern nur bessern will.


Lebensrichtlinien

Hier in diesem Kapitel ist geschildert, wie das menschliche Leben sein sollte, wie der Mensch nur durch Liebe geleitet, vorerst wie ein Kind vertrauensvoll auf Mich blicken und kein anderes Ziel verfolgen soll als nur Mir, seinem Vater, zu gefallen, und so des Namens Mein Kind zu heißen würdig zu werden; wie er alles ohne Falsch und Hintergedanken tun soll, um stets wieder Liebe zu erwecken; ferner, dass man einen solchen mit Einfalt und Zutrauen entgegenkommenden Menschen nicht missbrauchen darf.
Es ist ferner darin zu sehen, wie der Mensch die Nächstenliebe auffassen und immer mit der größten Rücksicht und Zartheit versuchen soll, seinen Nächsten auf seine Fehler aufmerksam zu machen und nur in den schlimmsten Fällen zu strengeren Mitteln greifen, aber stets das ihm verursachte Böse vergessen und dem Übeltäter verzeihen, und am Ende sogar Böses mit Gutem vergelten soll.
Es liegt in diesem Kapitel die ganze geistige Mission des Menschen, wie er sich zu Meinem Kind selbst erziehen und auch auf seine Mitmenschen einwirken soll um auch sie Mir in die Arme zu führen, und dereinst als das dazustehen was Ich bei Erschaffung des ersten Menschen gewollt habe, nämlich als Mein Ebenbild.


Das Wahrheitslicht erkennen und verbreiten

So müsst ihr Mein Evangelium lesen und auffassen, so wird euch Mein Gnadenlicht erleuchten und ihr werdet in den Gleichnissen nicht nur die harte Schale, sondern den in ihr enthaltenen Kern der göttlichen Wahrheit erkennen. Um aber das zu verstehen, was den Weltkindern verborgen wurde, muss man ein tieferes Verständnis besitzen und mit geistigen Augen sehen lernen, dann wird die Bibel zu einer Leuchte für alle menschlichen Verhältnisse und man wird einsehen, dass in diesem Buch schon seit Tausenden von Jahren die höchsten Schätze aufbewahrt liegen um ein rechter Führer der Menschheit zu werden und ihr zu zeigen, wie Ich schon in jener Zeit gesorgt habe, dass nichts verloren gehe von dem, was nicht nur für damals gelten sollte, sondern für alle Zeiten und Ewigkeiten Geltung hat. Die Zeit ist da, wo die Menschen fähig werden, einzusehen und Rechenschaft davon zu geben, warum sie auf dieser Welt sind und warum Ich da war, und wo der Buchstabe, seiner Hülle entkleidet, das göttliche Licht, das in ihm verborgen liegt, ausstrahlen lässt, damit es die Wege der Menschen bei der Durchführung ihrer Aufgabe auf Erden erleuchte. Diese Lichtstrahlen sind Meine vielen Erläuterungen und Erklärungen an euch, wozu auch diese Sonntagspredigten gehören.
Ich bin der Gott des Lichts und wo Ich Mich zeige, kann keine Finsternis neben Mir bestehen, und es muss in aller Herzen Licht werden. Die Liebe muss von allen als die Grundlage des Lebens erkannt und, verbunden mit der Weisheit, auch ausgeübt werden!
Der Grund Meiner Worte, die Ursache Meiner Mahnungen und das Endziel Meines Strebens ist, euch Menschen auf diese Art zu Meinen Kindern und die Erde wieder zu einem Paradies, wie sie es zur Zeit des ersten Menschenpaares war, zu machen, wo keine Leidenschaft, kein Hass oder Zorn, sondern Liebe, Ruhe und Friede alle Geschöpfe beseelt, und das letzte und vorzüglichste Schöpfungswerk der Erde, der Mensch, alle göttlichen Eigenschaften in sich vereint.
Trachtet also danach, so liebevoll und gut als nur möglich zu werden und so eure Mission zu erfüllen, und zeigt auch euren Mitmenschen das gleiche Ziel; dann sind Meine Wort an euch nicht verschwendet gewesen, und ihr werdet als Meine Kinder dereinst den Vater finden, Der hier mit so vieler Liebe und Geduld Seine verirrten Schafe zu retten suchte. Amen.


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