Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

Direkt zum Seiteninhalt
PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
5.
Am Weihnachtstag

Die Geburt Jesu
Lukas 2,1-14: Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger von Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auch auf Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Haus und Geschlecht Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weib, die ward schwanger. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Feld bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.


Empfangen am 11. Dezember 1871

Die Erde als Bildungsschule zur Kindschaft Gottes

Dieses Kapitel handelt von Meiner Geburt, einem Fest, das ihr jedes Jahr nach kirchlichem Gebrauch am 25. Dezember feiert.
Schon früher habe Ich euch Worte über dieses Fest gegeben, und die Einzelheiten, die Meine Geburt begleiteten, wisst ihr teils aus Meiner Jugendgeschichte [1], teils aus dem Evangelium; und doch ist noch manches unaufgeklärt an diesem Akt Meiner ersten sichtbaren Erscheinung auf der Erde, dessen tiefere Bedeutung in geistiger Entsprechung ihr noch nicht kennt; so will Ich denn nun, veranlasst durch den Text dieses Kapitels im Lukas, die weiteren Enthüllungen für euch und alle Meine künftig gläubigen Kinder machen damit ihr daraus erseht, dass auch das Kleinste, was Mich und Mein Erscheinen auf Erden betrifft, eine hohe Bedeutung hat, und geistig bei Meiner Wiederkunft auf diesem kleinen Stern als Wohnort Meiner einst großen Kinder sich wiederholen wird.
Wie einst durch die Verhältnisse der Erde gerade jener Zeitpunkt und jenes Volk bestimmt war, Zeuge von dem großen Gnaden- und Liebesakt zu sein, den Ich für euch und für Meine ganze Geisterwelt vollzog, so werden auch bei Meinem jetzigen Kommen Zeit und Land so gewählt sein, dass sie diesem Akt am meisten angemessen sein werden.
Nicht umsonst habt ihr dieses Fest Weihnachten benannt; es war eine geweihte Nacht, wo Ich Mich euch und der ganzen materiellen Schöpfung zuliebe als Opfer der Demut weihte, indem Ich, der unendliche Herr der Schöpfung, ein zerbrechliches, verwesliches Kleid, den Menschenleib dieser Erde anzog, der im Verhältnis zu den Menschen anderer Weltkörper was das körperliche Urbild eines Menschen betrifft, weit zurücksteht, da in anderen Welten das Äußere anlangend, viele Bewohner derselben so ausgestattet sind, dass der Mensch dieser Erde nur eine schwache Nachahmung dessen erscheint, was Ich als Abbild Meines eigenen Ichs eigentlich in diese Form hineingelegt habe.
Aber, wenngleich die auf anderen Welten lebenden Menschen die Erdbewohner in Vielem übertreffen, so sind die letzteren doch in geistiger Hinsicht zu etwas bei weitem Größerem bestimmt als jene in den paradiesischen Welten und Sonnen Lebenden; denn wenn jenen auch ein ewiger Frühling lacht und sie in Verhältnissen leben, die ihr euch in eurer Einbildungskraft gar nicht denken könnt, so geht ihnen doch die klare Erkenntnis Meines Ichs, Meiner Vaterliebe und des Wesens Meiner geistigen Schöpfung ab. Sie sind gut weil nichts sie zum Gegenteil zu verleiten sucht; sie erkennen ein höchstes Wesen, sinken vor Ehrfurcht vor Demselben nieder, aber keiner aus ihnen wagt es zu denken, als würde dieses Hohe Wesen ein von Ihm geschaffenes an Seine Vaterbrust drücken wollen und ihm den süßen Namen des Kindes geben.
Es ist dies, ein Kind Gottes werden zu können, nur jenen vorbehalten, die sich eine solche Stellung durch Kampf und Sieg auf eurer Erde erringen.
Wo also die Bildungsschule solcher Kinder ist, da musste neben der größtmöglichen geistigen Erhebung auch das Gegenteil, die größtmögliche Erniedrigung oder der Abfall vom Guten stattfinden können. Um euch zu zeigen, dass aber zwischen solchen Gegensätzen doch ein Fortschreiten zum Besseren, ein Siegen über alle denkbaren Hindernisse möglich ist, eben deswegen kleidete Ich Mich Selbst in die Hülle einer der letzten, unangesehensten Menschengestalten, deswegen stieg Ich Selbst auf euren finsteren Erdball herunter, der in Bezug auf Ausstattung und Größe im Verhältnis zu anderen Weltkörpern in Meiner Schöpfung etwa so angesehen werden kann wie der Rang eines Infusionstierchens, das zu Tausenden einen unreinen Wassertropfen bewohnt im Verhältnis zum Erdball mit allen seinen Schönheiten und Wundern.
Wie aber in Meiner ganzen Schöpfung alles mit gleicher Sorgfalt gebildet ist, und das letzte Infusionstierchen in seiner Art ebenso vollkommen gebaut ist wie der Mensch als Herr der Erde selbst, so zeigt sich auch hierin Mein Schöpfungsprinzip, das sich auf allen Stufen des Geschaffenen bemerkbar macht, nämlich, dass Ich gerade im Kleinsten am Größten bin, und gerade im Kleinsten als mächtigster Schöpfer und Herr dastehe.
Dies war auch der Grund warum Ich einen der kleinsten Weltkörper wählte, um da Selbst Meine ganze Größe zu zeigen, indem Ich Meiner Geister- und Seelenwelt bewies, dass gerade im Kleinsten nur das Größte möglich, und in der größten Erniedrigung die größte Herrlichkeit zu erlangen ist; und dass der, der alles hingibt, würdig ist, alles zu besitzen. Deshalb fand auch Meine Geburt nicht in einem Palast und nicht vor hochgestellten Menschen, sondern in ganz einfachen niederen Verhältnissen statt; aber es musste doch in allen den Umständen, die dort zusammentrafen, das Hohe, Geistige Meiner Geburt angedeutet werden.
So war es gerade dort bestimmt, dass die Volkszählung anbefohlen wurde, und Ich nicht in einem von Menschen erbauten Haus sondern in einem von Mir erbauten, nämlich in einer Höhle, das Licht der Welt erblickte.
Zeugen Meiner Geburt waren nicht Kaiser und Könige, nicht einmal gewöhnliche Menschen sondern bloß Tiere, Geschöpfe, die, nicht verdorben das noch waren, zu was Ich sie erschaffen habe und wie sie aus Meiner Hand hervorgegangen sind. Dagegen sangen Mir Millionen von Geistern das Loblied: Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden.
Durch die Volkszählung musste Maria nach Bethlehem reisen, damit Ich dort geboren und so die Schrift erfüllt werde; durch die Volkszählung konnte Meine Geburt nicht unbeachtet bleiben. Es musste auch gerade der grausame Herodes als Landpfleger oder Vierfürst in Jerusalem herrschen, um Meine Erziehung und Meinen späteren Lebenslauf zu erschweren, damit durch Überwindung all dieser Schwierigkeiten gezeigt werde, dass, obwohl Ich zwar Selbst Mich in solche niedrigste Lage gesetzt habe, Ich im Angesicht Meiner Geisterwelt Meine Aufgabe doch lösen werde, nämlich außer dem Beispiel der Demut und Selbstverleugnung, aus dieser kleinen Erde eine Pflanzschule für Meine Kinder zu machen, die einst bestimmt sind, den auf den anderen Sternen lebenden Wesen in dem Bild des großen Geistes und Schöpfers aller sichtbaren Natur, in dem sie Gott erkennen, den liebenden Vater erkennen zu lehren.


Durch Jesus Geburt in uns Seine Wiederkunft auf Erden ermöglichen

Was Ich vor Äonen von Zeiträumen schon beschloss und vor nahe zweitausend Jahren begonnen habe, das nähert sich jetzt der Vollendung; Meine Religionslehre, Mein Wort, das mit keinem besseren vertauscht werden kann, es mögen die Menschen noch so grübeln und denken, Meine Liebelehre muss zur allgemeinen Geltung gelangen. Es muss die Liebe allein regieren und alle Leidenschaften des menschlichen Herzens, die nur in selbes von Mir gelegt wurden um durch Kampf gegen sie diese Liebe zu verdienen und zu erreichen, alle diese Leidenschaften des menschlichen Herzens müssen beherrscht zu den Füßen des Altars der Liebe liegen; Hass, Rachsucht, Selbstsucht, Stolz und wie sie alle heißen, diese mächtigen Triebe des Bösen im Menschen, sie müssen alle zum Schweigen gebracht werden; das Kreuz, auf welchem Ich einst angenagelt für die verirrte Menschheit um Verzeihung bat, dieses Sinnbild der Versöhnung muss von jedem geliebt, geehrt und im Prüfungsfall selbstwillig getragen werden zur Erinnerung an den Weg, den Ich gezeigt habe, und der den Menschen nur allein zur geistigen Höhe bringen kann.
Wie in Meinem Lebenswandel auf Erden gegen das Ende scheinbar alle Umstände gegen Mich arbeiteten, scheinbar Meinen Untergang, Meinen Tod herbeiführten, und doch Meinen größten Triumph, die Erfüllung Meiner Sendung bewirken mussten durch die Auferstehung aus der Materie und die Heimkehr in Mein geistiges Reich, so mehren sich auch jetzt für die Menschen scheinbar die Unglücksfälle, mehren sich die Anzeichen furchtbarer Katastrophen, damit aus ihnen endlich wie nach einer Sage der Vogel Phönix aus der Asche verbrannter, weltlicher Ansichten und Vorurteile, als geistiges Produkt der wahre Mensch als Kind eines noch höheren geistigen Vaters hervorgehe.
Dahin zielt alles, dahin wird die ganze Menschheit unwillkürlich getrieben wie ein steuerloses Schiff vom Wind; zerbrochen müssen alle die künstlichen Schutzwände werden, die der Verstand wie Eisenpanzer um das nur für Liebe schlagende Herz gezogen hat, es muss die Schranke vernichtet werden, die Geburt, Rang, und nur auf das Irdische gerichtetes Wissen gezogen haben, der Mensch muss zuerst mit dem Herzen fühlen, d.h. lieben lernen; das Feuer der Liebe muss zuerst seine ganze Seele erwärmt haben, dann erst kann die Weisheit als regelnder Trieb der Liebe selbiger Schranken setzen.
Aber auch umgekehrt muss in dieser materiellen Welt Liebe die Weisheit, die die unerbittliche Gerechtigkeit in sich fasst, sänften, wenn das Gefallene und in der Materie gefangen gehaltene Geistige aus dieser harten Gefangenschaft befreit und als gebessert und geläutert zur Erlösung gelangen, und zum Vater, als der ewigen Liebe, zurückgeführt werden soll. Die ganze Welt ist aus Liebe geschaffen, aber die Weisheit hat die Bedingungen geregelt.
Wenn Ich demnach während Meines irdischen Wandels den Vater im Himmel anrief, so war es stets die Weisheit, die die Liebe anrief, damit diese das Wirken der Weisheit leiten und beeinflussen wolle; und so wie Liebe und Weisheit zu einem gedeihlichen Wirken vereint sein müssen, so war Ich als Christus mit Meinem Vater eins; und wie nur Liebe und Weisheit vereint Mein eigenes Ich ausmachen und in Mir ihr vollkommenstes Urbild haben, so soll auch der Mensch als Abkömmling von Mir, der Ausdruck von Liebe und Weisheit werden; er soll zuerst lieben, und dann weise sein lernen, um Mich, Meine Schöpfung und seine eigene Mission erkennen und begreifen zu können.
Dahin zielt Mein Streben mit euch, alle Ereignisse treiben euch an, die Wiederkunft eures Jesus in eurem Inneren zu vollführen, damit Er dort als Ausdruck von Weisheit und Liebe euch leite und führe, bis in kurzer Zeit eben dieser Schöpfer alles Sichtbaren, der Herr aller Heerschaaren, als Vater und Sohn, Liebe mit Weisheit gepaart, in Person und für jene Seiner Kinder, die befähigt sein werden mit geistigen Augen zu sehen, sichtbar auf Erden treten, und zum zweiten und letzten Mal in dieser Zeit aussprechen kann, was Er am Kreuz vor nahe zweitausend Jahren ausgerufen hat, nämlich: Es ist vollbracht!
Es ist vollbracht das große Werk der Sühne, Ich habe Meinen Geistern gezeigt wie das für sie Unmögliche möglich geworden ist; Ich zeigte durch Mein Beispiel den Weg, wie die kleinen menschlichen Wesen dieser Erde zu großen Bürgern Meines unendlichen Reichs, zu Meinen Kindern werden können. Es ist vollbracht, was Ich einst als Kind in einer Höhle bei Betlehem begonnen habe, was dort schon von Millionen Engelsgeistern besungen, aber von den Menschen nicht verstanden, sondern höchstens von einigen schwach geahnt wurde.
Ich habe es vollbracht das Werk der Sühne, der Liebe, der Verzeihung. Gereinigt ist die Erde von allen unreinen Schlacken des Eigennutzes; und wenn auch Drangsale die irdischen Körper knickten, so konnten jene doch dem Geist- oder Seelenmenschen nichts anhaben, dieser stand erhaben über dem zerbrochenen Irdischen seine Arme ausbreitend nach dem göttlichen Retter, Der wie einst auch dort allen zurufen wird: Kommt her ihr alle, die ihr beladen seid, auf dass Ich euch eure Last abnehme und euch erquicke; kommt her, ihr Kämpfer für Liebe und Weisheit, euer sei die Krone des Lebens, euch seien Meine Himmel geöffnet damit ihr sehen mögt, wie die Engelsschaaren wieder frohlocken und Loblieder dem Herrn und Vater singen mit denselben Worten wie einst: Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede den Menschen auf Erden. Er kam in Sein Eigentum, und Seine Kinder haben Ihn nun erkannt. Amen.


[1] Jakob Lorber, Die Jugend Jesu - Das Jakobus-Evangelium


Weiteres zum Weihnachtsfest siehe hier.


Zurück zum Seiteninhalt