Gottfried Mayerhofer - Schrifttexterklärungen - Gottfried Mayerhofer

Direkt zum Seiteninhalt
Schrifttexterklärung

Das Gleichnis vom verlorenen Schaf
Lukas 15, 3-4


am 10. Mai 1870

Und was tue Ich nicht täglich noch wie Ich das Gleichnis gegeben habe. Suche Ich nicht jetzt auch noch immer die verlorenen Schafe auf und lasse Meine Guten und vom Verderben Geretteten allein; ja Ich lasse sie allem, weil Ich weiß sie verlieren sich nicht mehr, und es kostet Mir keine Mühe mehr, die Halbwiedergeborenen und Geweckten auf ihrem Pfad zu erhalten; aber es kostet Mir Mühe die verirrten Kinder auf den rechten Weg zu bringen. Und weil im weltlichen Leben die Leidenschaften und sonstige fremde Einflüsse so vielfach auf die menschliche Seele einstürmen um sie von Meiner Lehre und Meinem Weg abzubringen; und weil es dem, der wirklich in allem Ernst Mir folgen will, Mühe und Anstrengung kostet nicht allein auf den rechten Weg zu kommen, sondern wenn er ihn betreten hat auf selbem auch auszuharren; ebendeswegen habe Ich auch eine solche Freude über einen wiedergefundenen, reuigen und sich bessern wollenden Sünder, dass das Bewusstsein im Besitz von Tausenden Wiedergeborenen zu sein, die Freude nicht aufwiegt, einen neuen Zögling für Meine Lehre und für Meine Himmel gewonnen zu haben.
Wie Ich einst im Gleichnis vom Weib und ihrem verlorenen Groschen und vom Vater mit dem verlorenen Sohn immer das Gleiche sagte, so sage Ich es auch heute euch lieben Kindern: Ein reuiger bußfertiger Sünder wiegt mehr als 99 Gerechte auf, die der Hilfe nicht bedürfen.
Bedenkt nur auch, was Ich in den „Zwölf Stunden“ vom verlorenen Sohn sagte, was er ist. So wie er muss alles wieder zu Mir zurückkehren, das Ich aus Mir frei hinausgestellt habe, und nun freudig sehe wie dasselbe wieder zu Mir zurückkehrt, um in Mir nach und nach Mein göttliches Ich zu ergänzen und zu vervollkommnen.
Eben darum gebe Ich Mir auch alle erdenkliche Mühe wie das Weib, das den Groschen suchte, um das wieder zu finden was Ich geflissentlich der Welt und allen ihren Versuchungen preisgegeben habe.
Unbewusst seiner Kräfte, seiner Tugenden und Laster stellte Ich jedes einzelne Seelenpartikel in die Welt hinaus, gab ihm den unbedingten und nie zu beanstandenden freien Willen, so sollte jeder einzelne Teil seinen Kampf mit den Widerwärtigkeiten des Lebens durchmachen; denn so ungeprüft war es und konnte es kein integrierender Teil Meines Ichs sein, es musste zuvor gefestet, geläutert und gereinigt werden oder eigentlich gesagt, es musste sich zuvor selbst erst reinigen und läutern, und dann erst im Bewusstsein des errungenen Siegs über alle Schwierigkeiten konnte es selbst erst einen Teil von Mir ausmachen.
Denn alles was Mir frei angehören will muss die Schule der Verleugnung und der Demütigung durchmachen, wie Ich, der große Schöpfer und Herr, Selbst dasselbe auf eurer Erde freiwillig durchgemacht habe. Da nun der Sieg über das Böse so schwer und der Kampf dagegen so lang und hartnäckig ist, so suche Ich stets, ohne den Willen eines jeden zu beeinträchtigen, so viel als möglich diesen Schritt zu Mir einzuleiten, ihn zu beschleunigen und so den Verirrten auf den rechten Weg zu bringen. Und deswegen ist Meine Freude als Vater so groß, wenn auch nur eine Seele wieder gewonnen wird für Meine Himmel weil Ich allein nur die Schwierigkeiten kenne die es kostet, beharrlich bei dem zu bleiben, was man einmal als das Beste anerkannt hat.
Eben darum auch, Meine lieben Kinder, lasse Ich keine Gelegenheit außer Acht, auch euch stets zu ermahnen, lasst nicht ab um auf dem Weg zu verbleiben, den ihr schon seit geraumer Zeit betreten habt, Ich habe euch gewonnen, und möchte euch um keinen Preis wieder verlieren.
Habt ihr ja doch von Vater- oder Mutterliebe schon auf eurer finsteren Erde Beispiele, was ein Vater- oder Mutterherz für sein geliebtes Kind vermag; nun, wollt ihr vielleicht, dass Ich, euer geduldigster langmütigster Vater und Schöpfer, hinter der Liebe zurückbleiben sollte, deren ein menschliches Herz fähig ist? Gewiss, wenn das möglich wäre, so wäre es nicht göttlich, sondern schon als Kreatur verwerflich.
Das ist also der Grund, dass Ich, sobald Ich wieder einen lichten Punkt in einem menschlichen Herzen auftauchen sehe, der Mich zur Hoffnung berechtigt es könnte mit der Zeit eine Flamme daraus werden, die dann nur für Mich und Meine Liebe-Lehre brennen wird, alles aufbiete diesen Zweck zu erreichen, und ihn einmal erreicht habend mehr Freude daran habe als mit 99 solchen, die schon längst in das große Halleluja Meiner Geister als ewiges Lob für Mich einstimmen.
Sucht auch ihr, Meine lieben Kinder, die verlorenen Schafe und die verlorenen Groschen und Söhne auf. Seid eifrig im Erwerben der Herzen, sobald sie euch auf eurem Lebensweg entgegen kommen. Habt auch ihr eine Seele gewonnen, so werdet ihr auch die Freude des Wiederfindens mit Mir teilen können, und wie Ich in einem anderen Wort erst vor Kurzem sagte, dort im ewigen Jenseits werdet ihr erst begreifen was das heißt, ein kleines Teilchen Meines göttlichen Ichs vom gänzlichen Verderben gerettet zu haben.
Darum rate Ich es euch auch an, dass ihr alles Mögliche aufbieten sollt sobald sich eine Gelegenheit zeigt, ohne jedoch voreilig zu sein, für das Heil anderer Menschen und verirrter Kinder zu sorgen; denn ihr werdet ebenso wie Ich den seligen Genuss dabei haben, einen Bruder oder Schwester auf den rechten Weg geführt und einen verlorenen Sohn für Mein Reich gewonnen zu haben .
Glaubt Mir, es gibt nichts Seligeres in der Geisterwelt für alle die dort wohnen, als wenn sie einen neuen Bruder erworben haben, denn sie wissen mehr als ihr, was ihn einst erwartet.
Während ihr euch mit Ahnungen und Versicherungen Meines Worts  begnügen müsst, es wird dort so und so und nicht anders sein, sehen die selbigen Geister diese von euch geahnten Zustände mit klaren Augen; und so mancher von euren Dahingeschiedenen, der sich jetzt einer größeren und klareren Einsicht erfreut in das große Reich Meiner ewig unantastbaren Ordnung, möchte euch Näheres darüber berichten wenn es ihm nur erlaubt wäre; allein hier muss Ich seinem Liebeseifer Schranken, und zwar unübersteigliche Schranken setzen, damit dadurch nicht eure individuelle Freiheit gestört werde.
Beachtet das alles wohl. Sucht wie Ich den verlorenen Groschen oder Sohn sowie die verirrten Schafe. So werdet ihr stets um eine Tat reicher euer Lebensbuch angefüllt sehen und den väterlichen Segen nie entbehren, Der euch bis jetzt geleitet hat, damit auch ihr, einst verirrte Kinder, Meiner würdig werden mögt. Amen! Amen! Amen!



Nachtrag zu Obigem
am 14. Mai 1870

Beim Lesen dieses Diktats vom 10. Mai kamen einige Zweifel eines Freundes vor über obige Worte, die er nicht im rechten Sinn auffasste; der Herr diktierte darüber Folgendes:
Nachdem dein Freund zwar von seinen Zweifeln so geheilt worden ist durch die Aufklärungen, die Ich dir und deinem Bruder auf die Zunge gelegt habe, so will Ich doch eben dieses vorgelesene Wort von Mir noch etwas besser beleuchten, damit alle sehen mögen, dass doch stets Ich allein am Ende Recht habe.
Was sagte Ich also denn eigentlich? Ich sagte, dass alles von Mir Ausgegangene wieder geläutert zurückkehrend Mich ergänzen und vervollkommnen soll, wie ist dieses wohl möglich bei Mir als höchstem Wesen? so war die Frage.
Auf diese Frage antwortete Ich mit einem Beispiel aus eurem Leben und eurem eigenen Ich.
Was ist denn die ganze sichtbare Schöpfung? Ist sie nicht ein Emporringen alles Geistigen zu einer edleren Stufe, und ist das nicht in der ganzen Schöpfung sichtbar, dass da hundert, dort tausend kleinere Teilchen geistig endlich eine größere Seele ausmachen, die wieder eine Stufe Mir näher gerückt ist? Oder was seid ihr selbst als Kinder, was als Jünglinge, Männer und Greise? Immer mehr der Reife entgegengehend, immer mehr euch Mir nähernd!
Nun gut, und was bezeichnet dies alles? Nichts anderes, als ein ewiges Fortschreiten in geistiger Hinsicht, welches Fortschreiten als Gesetz von Mir allen Dingen eingeprägt wurde, und an welchem auch Ich, nicht als Gott in Person, sondern als Komplex alles Geschaffenen Selbst teil nehme; denn was das Wachsen der Pflanzen, des Kindes usw im Physischen ist, so ist das Fortschreiten im Geistigen eben dasselbe, ein immerwährendes Vervollkommnen und Ergänzen bis endlich alles Geistige so rein und erhaben ist, dass Mein geistig fortschreitendes Ich mit dem schöpferischen in Eins verschmilzt, und dann alles Geschaffene eine Seele, ein Gedanke und eine immerwährende Tat ist! Wollt ihr das begreifen, so müsst ihr es wohl überdenken und ihr werdet sehen, dass die Ergänzung und Vervollkommnung von Meinem Ich nicht allein möglich sondern zu allem geistigen Leben unbedingt notwendig ist.
Dieses für heute, und Ich hoffe, du und dein Bruder werdet euch damit zufrieden stellen können. Amen.


Quelle: Allgemeine und besondere Lebenswinke für innere und äußere Verhältnisse und Zustände, Sammlung neu-theosophischer Schriften Nr. 39, S. 5


Zurück zum Seiteninhalt