Gottfried Mayerhofer Geistiges Sehvermögen - Gottfried Mayerhofer

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DIE GEISTERWELT

Vorahnungen, Träume und Visionen
Vorahnungen

„Es besteht im geistigen Seelenleben, wo ebenfalls ein geistiger Verband, nicht allein zwischen Seelen und Seelen hier auf Erden, sondern zwischen Seelen lebender und Seelen verstorbener Menschen existiert, so dass ebenfalls die Lebenden so wenig wie die Gestorbenen aus dem geistigen Verband ausgeschieden sind, und besonders letztere erst in geistiger Hinsicht sich mehr noch verbinden können und wollen, da, des materiellen Körpers entledigt, ihr ganzes Ich nur im Geistigen besteht.
Wie Ich also sagte, dass eine Kette, eine feste Verbindung besteht zwischen Geistigem und Geistigem, so ist ebenfalls beim Menschen in seinem geistigen Leben neben aller selbständigen Tätigkeit schwebend ein geistiger Verband, der homogene Seelen verbindet, wo in erster Linie die Verwandten treten, weil selbe doch aus derselben Quelle entstanden, stets etwas von ihrem Ursprung Individuelles beibehalten haben, wenngleich später, durch den freien Willen des Menschen bestimmt, die Geistesrichtung eine andere geworden ist.
Es gibt daher Verbindungen im Geisterreich, die dem Menschen fühlbar bewusst gemacht werden können, während andere doch existieren, ohne dass der Mensch diesen geistigen Einfluss ahnt, als höchstens in außerordentlichen Momenten, und dort oft nur auf Augenblicke.
Was nun bei den Tieren die Vorahnung von Elementarereignissen ist, das ist beim Menschen ebenfalls die Vorahnung von Verhältnissen oder eintretenden Umständen, die diesen geistigen Verband auf einmal zu zerreißen drohen.
Die Tiere fliehen aus Lebensdrang; der Geist, aus dem nämlichen Prinzip, sucht durch Verschiedenes seine geistigen Verwandten zu warnen, zu benachrichtigen, dass Gefahr droht.
So wie das Tier eine Angst ergreift, ein ungewisses Etwas, was es zur Flucht antreibt, so beschleicht die menschliche Seele ebenfalls eine Angst, ein unaussprechliches Bangen und Fürchten, ohne sich den Grund davon angeben zu können.
Das nämliche geistige Gesetz, welches das Tier zur Flucht antreibt, drängt auch den Menschen, aus seiner sinnlich-weltlichen Anschauung heraus sich zu winden, und geistig den Grund zu suchen, wofür weltlich keine Deutung, keine Sprache ist.
So müssen oft Menschen Dinge vollführen, wozu die Liebe anderer Geister sie drängt, ohne im Mindesten deren Tragweite zu begreifen.
Tausende solcher Beispiele könnten euch angeführt werden, wo zwar die Mahnungen nicht mangeln, aber das Verständnis derselben entweder ganz abgeleugnet oder sogar ins Lächerliche gezogen wurde, weil der Mensch zu kurzsichtig nur das als wahr annehmen wollte, was er mit Händen greifen konnte, und jede Vorstellung als bestehe noch eine ganz andere Welt als die er sieht, in seinem Eigendünkel stolz von sich weist.
Wie oft ertönt eine Stimme im Herzen, tu das nicht, geh nicht dahin. Wie oft treffen Umstände zusammen, die einen geistig Sehenden wohl aufmerksam machen könnten, allein, nicht beachtet, erst dann einen Wert erhalten, wenn das Unglück geschehen ist.
Diese inneren Stimmen sind die feinen Warner des geistigen Lebens, die intensiven Fäden, die zwischen gleichgestimmten Seelen bestehen, wo weder Zeit noch Raum einen Einfluss hat, um Bande zu zerreißen oder zu vernichten, die schon längst bestanden, ehe Geister ins Materielle eingekleidet wurden.
Eben, wie Ich oben sagte, über dem Materiellen schwebt der Geist, oder über der materiellen Welt liegt weit hin ausgebreitet die geistige Welt, in der das Wohl und Wehe der einzelnen und ganzen Völker bei weitem eher gefühlt, empfunden und womöglich angedeutet wird ehe noch die groben Ereignisse einer zur Tat gewordenen Gedankenwelt euch allen klar zeigen, dass dieses alles von manchen Geahnte schon längst von einzelnen Seelen gefühlt, aber nicht verstanden war.
Wenn nun, wie Ich oben sagte, auch die jenseitige Welt ihren Einfluss dabei äußern kann, so müsst ihr auch annehmen, dass ein Mensch, der dem Tod nah oder gar schon im Sterben ist, bei weitem leichter noch seinen Verwandten seine Besorgnisse mitteilen kann, weil er schon dem Geisterreich mehr als dem Erdenleben angehörend, ebenfalls auch größere geistige Mittel besitzt als die im gesunden Körper eingeschlossene Seele.
Diese im Scheiden begriffene Seele sieht ihr geistiges Band mit den auf Erden Lebenden dem Zerreißen nahe, fürchtet, je nach ihrer geistigen Anschauung, vielleicht gänzliche Vernichtung, mahnt, bittet, telegraphiert möchte man sagen, nach allen Seiten hin um noch so manches zu richten, wozu sie früher glaubte, noch Zeit genug zu haben.
Die Sehnsucht, die selbe erfasst, noch Geliebte zu sehen, welche jetzt fern von ihr sind, geben ihr Kraft, nicht allein in Gedanken, sondern sich geistig an selbe Orte zu versetzen, wo die Liebenden weilen, und ihnen das letzte Lebewohl auf die eine oder die andere Art Kund zu geben. Es ist der geistige Zug oder diese sanfte und zarte Liebe, deren der Mensch erst gewahr wird, wie viel er im Herzen birgt, wenn er scheiden muss aus Verhältnissen, welche ihm aus langer Gewohnheit zur zweiten Natur geworden sind.
Diese Meldungen, Ahnungen sind es, welche von nah und fern oft unvermutet die Seele aufschrecken, wo sie dann ahnt, es muss etwas im geistigen Leben der mit ihr durch Liebe Verbundenen vorgehen, wo dann gewöhnlich die spätere Nachrichten diese Vorgefühle bestätigen.
Dass auch diese Mahnungen und Vorgefühle stets den Stempel tragen, inwieweit die scheidende Seele eine geistige Idee oder einen klaren Begriff hat, wohin sie geht, dass versteht sich von selbst. Denn würden die meisten Menschen genau wissen, wie die andere Welt aussieht, so würden auch ihre Meldungen und Mitteilungen in dieser Art anders werden, und vielleicht eher tröstend als beunruhigend ausfallen. Allein, sie seien wie sie wollen, so geben sie euch den Beweis des geistigen Verbands, welcher erstens euch klar zeigt, dass es eine Geisterwelt oder eine geistige Verbindung gibt, und zweitens, welcher euch nebenbei fühlen lässt, wie zart und intensiv eine solche Verbindung ist, da schon bei weitem früher, ehe die Ereignisse selbst eintreten, die Seele in ihrem geistigen Leben das Vorgefühl empfängt, dass Gefahr im Anzug ist.
Beachtet also wohl alle diese Winke, welche euch von allen Seiten zukommen, fangt an, geistig zu sehen und das Geistige klar zu beurteilen, und ihr werdet erstaunen, welche Wechselwirkung im Seelenleben, welch geistige Verbindung im ganzen Universum besteht, welche vom anscheinend toten Gestein anfangend bis zum höchsten Engel eine Kette bildet, wo keine Störung, keine Veränderung ungeahnt oder ungefühlt vorüber gehen kann, da alles so zusammenhängend ist, wie die Atome entweder eurer atmosphärischen Luft oder die des großen Äthers.
Aus allem diesem aber zieht noch die Lehre, dass ihr eben selbst so viel als möglich beitragen sollt, dass keine Störungen durch euer Gebaren, durch eure Handlungen herbeigeführt werden sollen. Denn wie euch ein beängstigendes Gefühl beschleicht, wenn andere Seelen euch von herannahenden Gefahren benachrichtigen möchten, ebenso könnt auch ihr in eurer Nähe bis in die weiteste Ferne durch unrechtes Denken, unrechtes Handeln ebenfalls Missstimmungen anderen Geistern bereiten, die unter eurem Gebaren statt bei eurem geistigen Fortschreiten sich mitzufreuen, unter euren der Moral und dem Gewissen zuwiderlaufenden Handlungen mitleiden müssen.
Bedenkt die Zartheit der große Geisterwelt in und um euch und tut das Möglichste, um nicht auch anderen bittere Momente zu bereiten, wie oft ein Kind einen Stein ins Wasser wirft, wo die kreisförmigen Ringe durch den Fall verursacht sich nach und nach erweiternd vielleicht am jenseitigen Ufer angelangt einer ganzen Familie kleiner Tierchen ihr Sein zerstören, wovon das Kind beim Wurf seines Steins weder eine Ahnung noch den Willen hatte, Böses zu tun.
So soll auch dieses Wort wieder beitragen, euch einen Blick in die Geisterwelt zu erwecken, damit ihr stets wieder mehr begreift, das ihr nicht bloß materielle Leiber, sonder ewige Geister seid, die nur auf kurze Zeit einer materiellen Hülle bedürfend sich hier vorbereiten sollen, um auf eine längere, ja ewige Zeit das eigentliche Geisterleben dort fortzusetzen.
So sollen Erlebtes und noch zu Erlebendes Glieder einer geistigen Kette sein, welche euch als Bürger zweier Welten stets dem Wichtigen zuführt und euch nebenbei erkennen lässt, dass die materielle Welt nur Verkleidung alles Geschaffenen, geistige Welt aber die eigentliche nie zu vergehende Welt ist, die Mir als Schöpfer, euch als von Mir Geschaffenen am meisten entspricht und entsprechen muss.
So möge wieder ein Stein gelegt sein zu dem großen Bau Meines nie zu vergehenden Reichs, das Ich aus Liebe zu euch erschuf, aus Liebe zu euch leite und führe, und dass Ich aber eben deswegen auch als Gott der Liebe von Meinen geschaffenen Wesen als liebender Vater geliebt und verstanden sein will.
Wäre nicht dieses Mein Zweck, Ich würde nicht so viele Stimmen aus allen Ecken und Winkeln erschallen lassen, um euch aufzuwecken vom Sinnenschlaf, auf dass ihr erkennen mögt, von woher ihr seid und wohin ihr gehen müsst, um Kinder eines großen Geisterreichs zu werden. Von dort seid ihr ausgegangen und dorthin müsst ihr zurückkehren. Lernt also auch die Geisterstimmen vernehmen, wenn sie an euer geistiges Ohr gelangen. Lernt die Sprache Meiner Geisterwelt, wo schon so viele eurer Lieben hingegangen sind, und wohin auch ihr alle ihnen folgen müsst, lernt sie kennen, diese Sprache, in Zeichen, Mahnungen und Warnungen. Lernt sie schon hier im irdischen Leben kennen, wo Ich, euer Führer, euch vorbereiten will, damit sie euch dort geläufiger wird, und ihr eher Meine höheren Geister und die Verbindung begreift, wie die sanfte Kette der Liebe euch alle verbindet, und mitten im materiellen großen Schöpfungsreich das geistige Reich als Hauptsache mit seinem Schöpfer als Mittelpunkt das Alpha und das Omega ist, von wo alles ausging und wohin alles zurückkehren muss. Amen.“

Quelle: "Wahrheit über Spiritismus", Neu-theosophische Schrift Nr. 41, Auszug aus der Kundgabe vom 29. Juli 1874


Träume und Visionen

„Schlaf im Allgemeinen bezeichnet den Zustand, wo das Außenleben scheinbar aufhört, und Menschen und Tiere in einen bewusstlosen Zustand versetzt werden, welcher erstens nötig ist, um den während des Wachens verbrauchten Lebensstoff wieder zu ersetzen, und zweitens das während des Tages geistig Erworbene zum eigenen Ich zu verwerten.
Im Schlaf beginnt ebenfalls ein anderes Leben, nämlich das Traumleben, welches die Menschen nicht deuten und nicht erklären können, teils wegen der unklaren symbolischen Sprache desselben, teils weil sie sich nichts klar bewusst sind und dabei geistige Einflüsse von Phantasiegebilden nicht zu unterscheiden wissen.
Einer von euren Gelehrten sagte in seinem Buch, während des Wachens haben alle Menschen eine gemeinschaftliche Welt, im Schlaf aber hat ein jeder seine eigene. Und er hatte nicht Unrecht, denn so ist es auch. Im Schlaf sind im Allgemeinen die Bande, welche die Seele an den Körper binden, gelockert, sie kann sich in zwei Welten umschauen, sie kann sich geistigen Einflüssen hingeben, oder selbst weltliche Genüsse im Traum noch fortspinnen, ihre Sprache wird aber dem Verstandesmenschen stets dunkel bleiben, so sehr er sie auch entziffern möchte.
Im Schlaf, wo das  Leben nur im Inneren konzentriert ist, da versteht die Seele wenig vom Außenleben, wo sie sodann Vergangenes mit Künftigem, Weltliches mit Geistigem vermischt, so dass beim Erwachen keine klare Erinnerung vorhanden sein kann von Bildern, die schnell vorüberziehend wie in einem Panorama wechselten.
Es gibt verschiedenartige Träume, die wohl zu unterscheiden sind, nämlich die beim Einschlafen, die mitternächtlichen und die Morgenträume.
Erstere bringen oft Bilder als Fortsetzung von körperlich Erlebtem, die mitternächtlichen mehr tiefere, geistigere, und die des Morgens meist solche, wo das Geistige sich mit dem Weltlichen vermischt.
Die ersten sind so, weil der materielle Einfluss der Sonne auf die Erde und alles, was darauf lebt, noch nicht aufgehört hat. Die zweiten, geistig, weil dort tellurische Einflüsse sehr schwach oder gar nicht einwirken, und bei der dritten die Vermischung, weil die Sonne, sobald sie über den Äquator heraufzusteigen anfängt, das Innenleben stört, und so Tiere und Menschen auf den kommenden Tag vorbereitet.
Einem aufmerksamen Beobachter seiner selbst müsste es schon lang aufgefallen sein, dass das, was man Seele nennt, nie schläft, keine Ruhe braucht, sondern in einem fort arbeitet um aus dem materiellen und geistig Gewonnenen ihren künftigen Geistesleib aufzubauen welcher weder der Zeit noch dem Raum unterliegt, seiner selbst bewusst sich dorthin begeben kann, wohin er durch seine Geistesrichtung gezogen wird. Das Leben also geistig betrachtet ist ein immerwährendes Fortschreiten, ein nie still stehendes Uhrwerk, das dem Körper seine materielle Ruhe im Schlaf nur gibt, um neue Kräfte fürs geistige, höhere Leben zu sammeln. […] Die Nacht, der Schlaf gehört Meinem Geisterreich, und ebendeswegen hat sie kein materielles Sonnenlicht nötig, weil das Geisterlicht leuchten soll, um den Geistern mit oder ohne Körper freien Spielraum zu lassen. […] Der Schlaf ist im Erdenleben die Brücke vom Materiellen ins Geistige, denn im Schlaf zieht die Seele ihre Lebensfäden enger zusammen, lässt dem materiellen Leben nur das Allernötigste zur weiteren Fortsetzung des vegetabilen Lebens, öffnet aber dagegen die Tür ins Geisterreich, von wo dann verschiedene Einflüsse ungekannter Zustände selbe oft erhebend über alles Irdische, oft im Gegensatz mit symbolischen Bildern die ewige Kette von Ursache und Wirkung fühlen lässt, welche das Universum zu einem Ganzen verbinden. Dieser feine und zarte Zug, welcher durch das ganze lebende Reich der Wesen geht, und bei Tageshelle im wachen Zustand nicht bemerkt wird, dieser Zug ist es, welcher im Schlaf Verwandtes und längst Getrenntes wieder zusammenführt. Dort im Traumleben ist es, wo Engelsgeister über manchen Schlafenden Ströme des Segens ausgießen, und wo so manches liebende Herz aus dem Jenseits sich wieder den Zurückgebliebenen nähern kann und auf sie einzuwirken sucht, was sehr schwer ist, allein es ist der Zustand im Schlaf, wo die menschliche Seele solchen Einflüssen zugänglich ist, und ebendeswegen benutzt alles diese Gelegenheit, um zu warnen, zu bitten und zu erinnern.“

Quelle: "Heil- und Diätwinke", Neu-theosophische Schrift Nr. 48, Auszug aus der Kundgabe vom 8. Januar 1877


„Mein liebes Kind, du fragst Mich um Rat und bittest um Aufklärung in Betreff deiner Träume, weil du wegen dem Schicksal deiner verstorbenen Mutter beunruhigt bist.
Um dir dieses zu erklären, so muss Ich weiter ausholen, damit du vorerst den Wert der Träume überhaupt, den Wert deiner eigenen, und endlich verstehen lernst, wenn eine Seele aus dem Jenseits sich der Träume bedient um auf Lebende einzuwirken, was dieses zu bedeuten hat, und wenn Überstände daraus entstehen, wie selbe zu beseitigen sind. Nun so höre denn:
Was die Träume selbst betrifft, so finden selbe in verschiedenen Zeitepochen der Nachtruhe statt, die als Winke, ob Wahrheit oder Trug sind, wohl beachtet werden müssen. Denn du musst zuvor genau wissen, was beim Einschlafen oder Aufwachen in dir vorgeht ehe Ich dir sagen kann, was die Träume während der ganzen Schlafperiode zu bedeuten haben.
Sieh, wenn dem Menschen aus Schlaf die Augenlieder zufallen, so zieht sich der materielle Blutumlauf im menschlichen Körper so wie die Tätigkeit der Seele auf kleinere Kreise zurück. Der Körper, wegen Mangel an Wärme an der Außenseite, bedarf daher einer wärmeren Bedeckung als wie am Tag, und die Seele, vom Außenleben zurückgezogen, bedarf eines anderen Impulses vom geistigen Weltreich, um ihrer Bestimmung gemäß das im Lauf des vergangenen Tages Erlebte zu ordnen, und es zu ihrem Besten zu verwerten, während der Körper, von außen nicht beeinflusst, im Inneren seinen Ergänzungsprozess des Verlorenen ebenfalls fortsetzen kann.
Beide also, Körper und Seele, wollen ergänzen, wiedergewinnen was die verloren, und ausbeuten was sie gewonnen haben.
Nun, du wirst schon in Vielem bemerkt haben, dass es in der Natur keinen Sprung gibt, sondern nur allmähliche Übergänge, und so ist es auch beim Schlaf. Das Einschlafen sowie das natürliche Erwachen geschieht langsam, nach und nach. Weil es nun eben gerade so geschieht, so ist auch der Einfluss in Anschlag zu bringen, welche die nach und nach schwindende Außenwelt auf den inneren Menschen hat, wie auch welchen sie ausübt beim normalen Erwachen.
Die Träume oder Phantasiespiele, welche sich so in diesen Stadien ereignen, können von euch Menschen nie ganz genau beurteilt werden, weil beim Anfang des Schlafs Nachklänge des Weltenlebens sich mit dem Seelenleben vermischen, und beim Aufwachen Einflüsse des durch das Tageslicht erweckte Natur- und weltlichen Treibens sich ebenfalls wieder wie Dämmerlicht produzieren, wo es Augenblicke gibt, wo es nicht finster, aber auch nicht hell ist. Träume also unter solchen Umständen sind wie Wein mit Wasser gemischt, wo ihr zwar genau wisst, dass Wein und Wasser im Glas enthalten, jedoch nur das Ganze, nicht aber die einzelnen Teile und Quantitäten voneinander unterscheiden könnt.
Nebenbei ist noch der Hauptfaktor zu bedenken, dass euch unbewusst die Seele erstens nicht das Erlebte oder Erlernte vergisst, und zweitens, dass sie auch nur die Sprache der Entsprechung führt, die ihr nicht versteht, weil ihr ja nicht wisst, was Entsprechung ist.
Seht, Entsprechung ist die Entzifferung der geistigen aus materiellen Gebilden, wo aber die Wurzel oder der eigentliche Grund viel tiefer liegt als ihr es wähnt, daher euer Bemühen, Träume zu deuten, gewöhnlich falsche Schlüsse zur Folge hat.
Nun, wir haben die zwei Stadien des Schlafs, nämlich Einschlafen und Aufwachen besprochen, in welchen selten etwas Wahres aus den Träumen herauszubringen ist.
Zwischen diesen beiden liegt aber noch ein anderes Stadium des Seelen- und Körperzustands, es ist der mitternächtliche Schlaf, wo eigentlich die Seele, dem Körper das Seine überlassend, auch sie nur Geist ist, und nur geistige Beschäftigung und geistige Einflüsse aufnehmen kann. Was in diesem Zustand im Inneren des Menschen vorgeht, davon weiß der wachende Mensch wenig zu erzählen, und nur bei einzelnen Fällen, wo Seelenzustände sich selbst dem körperlichen Organismus mitteilen und dadurch den Menschen aufwecken, bleiben solche Eindrücke auch beim wachen Zustand vor der Erinnerung der Seele als fixe Bilder stehen.
Hier im mitternächtlichen Schlaf ist es, wo Geister, verstorbene Seelen aus dem Jenseits, sich der Seele kundgeben können, und wo auch die Seele selbst der festeren Bande, welche sie an das irdische Leben knüpfen, befreit, oft eine Fernsicht von vor- oder rückwärts hat, welche ihr in anderen Zuständen nicht möglich ist.
Der Einfluss der Geister oder Verstorbenen zeigt aber an, entweder, dass höhere Anordnungen solchen bedingen, oder dass Zulassungen stattfinden, um verirrten Seelen auf diese Art Wege zur Einsicht ins geistige jenseitige Leben zu verschaffen, weil die Art und Weise der Belohnung dort ihrer Auffassung nicht anpassend ist.
Sieh, Mein Kind, der Mensch ist frei, und will er sich bessern oder verschlimmern, vor- oder rückwärts gehen, so muss es aus freiem Antrieb von innen aus geschehen. Der lebende wie der verstorbene Mensch muss sein ganzes Gebaren genau erkennen lernen, muss selbst anfangen, aus seinem Inneren das Schlechte auszumerzen, es darf ihm nicht ausgetrieben werden, weil er dann gezwungen aber nicht freiwillig besser geworden wäre.
Nun, diese Arbeit ist nicht so leicht als wie du glaubst, schwer schon hier, aber noch schwerer dort! Diese Seelen nun, welchen solcher Kampf dort nicht zusagt, wenden sich an auf Erden noch lebende Menschen und verlangen von ihnen Hilfe oder Rat, da derjenige Weg, welcher dort von höheren Geistern gezeigt wird, ihnen nicht behagt.
So werden oft die kuriosesten Dinge verlangt, die nur von der Geistesschwäche der Verstorbenen Zeugnis geben, und euch allen klar beweisen sollten, dass, wenn man stirbt, man nicht gleich ein Philosoph oder Gelehrter wird, sondern dass hier der Spruch des Apostel Paulus, wie der Block gefallen, so ist er liegen geblieben, eher seine Deutung erhält, als wie so angelernte ewige Friedens- und Paradiesgeschichten, die nirgends als nur in euren Köpfen stecken.
Diesen allgemeinen Begriffen vorausschickend muss Ich dir also nur sagen, dass, wenn deine Mutter zu dir im Traum kommt, so sucht sie bei dir Hilfe, du sollst ihr aus dem Halbglauben, aus dem Wahnleben heraushelfen, den sie bei Lebzeiten hatte, und nun selbes noch nicht abstreifen kann.
Dein einziges Mittel für sie ist das Gebet! Erhebe dich zu Mir, erflehe von Mir, dass Ich ihr Kraft gebe, ihr eigenes Ich vorerst zu erkennen, damit sie Stärke findet, sich selbst zu helfen, aber von innen heraus, dann hast du genug getan.
Ob deine Träume alle wahr oder nicht wahr sind, hat nichts zur Sache, der Seelenverband zwischen Verwandten hat wegen dem Scheiden aus dieser Welt nicht aufgehört, und um was du bittest zu ihrem Heil, wird von Mir erhört und einen wohltuenden Widerhall in der Brust deiner Mutter finden.
Dass die jenseitige Welt nicht so ist, wie die meisten Menschen selbe sich gedacht haben, und die Verstorbenen selbe finden, daran bin nicht Ich schuld, das ist Sache der Menschen; an Aufklärungen fehlte es nicht, nur wollen die Menschen selbe nach ihrer Bequemlichkeit, nicht aber nach Meinen Gesetze modeln, was vergebene Mühe ist, am Ende bin doch Ich der Herr und niemand anderer!
Ich lasse einem jeden seine Freiheit, er kann sich die paradiesischen Freuden oder Höllenqualen ausmalen wie er will, er mag entweder wie die asiatischen Völker lauter sinnliche Freuden, oder wie religiöse Schwärmer lauter geistige, selige Genüsse erwarten, das bleibt alles gleich.
In Meinem Reich sind viele Wohnungen oder Aufenthaltsorte, und die anberaumte Zeit zur Besserung ist die Ewigkeit; also Platz und Zeit im Überfluss, bis endlich die Seele einsehen lernt, dass nicht in der Außenwelt, in weit entfernten Räumen ihr geträumter Himmel oder Paradies liegt, sondern dass alles Gesuchte, alles Gefürchtete weit näher liegt, nämlich in der eigenen Brust! Wo diese Einsicht dann Platz nimmt, dort wird auch das Bestürmen anderer lebender oder verstorbener Wesen aufhören, denn dann weiß die Seele oder der Verstorbene wo das Rätsel und wie es zu lösen ist.
Dahin die Verstorbenen durch Gebet zu führen, diese ist die einzige Pflicht, der einzige Weg, ihnen Gutes zu erweisen, und das einzige Mittel, welches euch Lebenden gegeben ist, auch noch jenseits des Grabes der Handlungen edle und viele zu verrichten.
So verfahre auch du, Mein Kind, und es wird in deiner und in der Seele deiner verstorbenen Mutter mehr Ruhe und Selbstbewusstsein erwachen, und ihr beide werdet erkennen, du hier und sie im Jenseits, dass ein ewig liebender Vater hier wie dort nur die nämlichen Gesetze gestiftet hat, welche sich in den beiden Liebesgeboten aussprechen, welche Er euch hier aufgestellt, die aber auch über diesem irdischen Leben stets und ewig die nämliche Bedeutung und den nämlichen Wert haben werden, es genügt, dass ihr sie befolgen wollt. Dies zu deinem Trost und Verständnis gegeben. Amen.“

Quelle: "Wahrheit über Spiritismus", Neu-theosophische Schrift Nr. 41, Kundgabe vom 26. April 1873


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