Was ist der Heilige Geist?
Was streitet ihr denn um den Schatten, den ein Licht wirft, und kennt das Licht selbst nicht! Der eine stellte als erste Frage auf: Was denn „der Heilige Geist“ eigentlich ist? Ich setze voraus, er hatte die Szene im Gedächtnis, als Ich Mich im Jordan taufen ließ! Von dorther schreibt sich der Name „Heiliger Geist“, welcher als Taube über Meinem Haupt geschwebt haben soll! Was ist denn also der Heilige Geist?
Seht, Meine Kinder, jener Heilige Geist, der eigentlich nichts anderes ist, als jene göttliche Kraft, welche von dort über Mich als Mensch kam, um – wo es nötig war – göttliche Taten oder – wie ihr es nennt – „Wunder“ zu wirken, es war dieselbe Kraft, welche auch am Ölberg „Gethsemane“ Mich wieder verließ, um Mich Meiner Mission gemäß als Mensch mit all seinen körperlich möglichen Leiden und Schmerzen sterben zu lassen.
Das, um was ihr streitet, ist aber etwas ganz anderes, als was Ich dort als Mensch gewordener Gott, oder „die göttliche Weisheit“ von Meinem Vater, der Liebe, empfing. Um es euch deutlicher zu erklären, so frage Ich euch, z.B. bei einem Poeten, der für Mich ein Lob- oder Dank-Gedicht macht, was tut denn der? Seht, vermöge des Rapports der Seele mit dem Körper bewegt sich seine schreibende Hand und bringt die Worte aufs Papier, die da der begeisterte Dichter in seinem Herzen fühlt. Wer gibt ihm aber diese hohen, göttlichen Gedanken, welche zunächst ihn und nach ihm noch Tausende „begeistern“? Seht, das ist der göttliche Geist, der in ihm da erwacht, und in Stand gesetzt sich mit der Seele zu vereinen, diese beeinflusst, ein Loblied ihrem Herrn und Schöpfer zu dichten, wobei selbst der dritte Teil, der Körper, nicht indifferent bleiben kann; denn das Herz jubelt hoch auf, und die Pulse schlagen schneller. Dieses Übergießen der Seele mit geistigem Fluidum ist der ähnliche Akt, als wie es Mir bei der Taufe am Jordan erging! Versteht ihr nun, was Geist ist?
Nachwort
Trotz dieser Erklärung, welche Ich euch gestern gegeben, stellte sich einer deiner Brüder nicht zufrieden, indem er einwendete, es könnte ja auch ein Poet über einen anderen Gegenstand ein Gedicht machen, wie z.B. über einen Helden, oder sonst etwas Großartiges, und wie Ich es noch weiter ausdehnen will, auch über das Schoßhündchen einer hochgestellten Dame. Was diese gereimten Herzensergießungen eines für seine Gedichte sich bezahlen lassenden Poeten betrifft, so muss Ich deinem Bruder schon erwidern, dass bei solchen Produkten der göttliche Geist, welcher im Menschen wohnt und ein Funke des Meinigen ist, keine Gemeinschaft damit hat. Hier waltet nur eine Eigenschaft der Seele, nämlich die Fantasie, diese wohl auch Ursprung eines höheren Prinzips, erfüllt das Gehirn und auch das Herz mit blumenreichen Bildern; aber es ist ein großer Unterschied zwischen dem Nachklang eines für Mich gedichteten Worts, und dem eines ganz gewöhnlichen, oft auch gemeinen Gegenstands! Die Fantasie ist umso reicher, je mehr auf den Gehirntäfelchen der Menschen Bilder geschrieben und gezeichnet sind, die alle Eindrücke des Gesehenen, Erlebten und Gedachten sind.
Je mehr also ein Mensch in dieser Hinsicht erlebt und gewirkt hat, desto mehr kann die Seele von diesen Täfelchen herunterlesen, was sie für diesen Gegenstand braucht. Es ist so wenigstens für die Seele eigentlich nur ein mechanischer Prozess, wie ihr Bücher aufschlagt und aus selben abschreibt, was euch gerade jetzt zu euren Zwecken passt. Hier hat Mein Geist nichts damit zu tun! Der wartet nur höhere, auf Mich bezügliche Impulse ab, die ihm sein eigenes Ich erregen, da rührt er sich, und nur da kann er vereint mit der Seele wirken, weil wenigstens momentan beide zu dem nämlichen Zweck sich einen. Dieses gib deinem Bruder, vielleicht wird er jetzt seinen eigenen göttlichen Geist besser verstehen. Amen!
Quelle: Pfingstsegen als Licht und Trost fürs Leben, Neu-theosophische Schrift Nr. 36, Kundgaben vom 13. und 14. November 1870