Gottfried Mayerhofer Jahrestag der Kundgebung des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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Zum Jahrestag der ersten Kundgebung
des Herrn (1871)
Bitte des Schreibers:
„Liebevollster Vater! Am 9. dieses Monats vollendet sich der Zyklus eines Jahres, indem Du unaufgefordert Dich uns unmündigen Kindern kund gabst. Nachdem wir alle die Tage, welche entweder auf Dein einstiges irdisches Wandeln Bezug hatten oder die wichtige Institutionen Deiner göttlichen Lehre betrafen, im stillen Kreis stets gefeiert haben, ja sogar nicht diejenigen Tage vorübergehen ließen, die nur weltliche oder persönliche Dinge betrafen, so versteht es sich von selbst, dass der Tag, an dem Du, o überguter Vater, uns die unerwartete Gnade erteiltest, und Dich mittelst einem unserer Brüder kund gabst, einer der wichtigsten Tage in unser aller Lebensbahn, ja der allerwichtigste geworden ist. Jetzt erneuert sich dieser in der Reihenfolge der Tage wieder, und wir alle senden nun mit demütigem Herzen zu Dir, o Vater, unseren schwachen Dank für diese nicht verdiente Gnade, und flehen Dich alle insgesamt an, uns auch in diesem Jahr diese Gnade und Dein geistiges Brot nicht zu entziehen, damit wir den Weg, den Du uns geführt hast, nicht verfehlen, und so unserer hohen Bestimmung getrost entgegengehen können. Amen!“

Huldreiche Antwort des Herrn:
Meine lieben Kinder, und auch du, Mein Schreiber, der du dich als Dolmetscher deiner kleinen Gesellschaft an Mich wendest, seid alle versichert, dass, hätte Ich euch nicht schon dort reif gefunden, Meine Gnadenworte würdig zu empfangen, Ich euch selbe auch nicht gegeben hätte. Es freut Mich, an euch wenigstens das schöne Gefühl der Dankbarkeit nicht zu vermissen, aus dem hervorgeht, dass ihr den Wert Meiner Mitteilungen anerkennt, und selbe auch tätlich in eurem Lebenswandel ausführen wollt. Fahrt fort, wenigstens diesen Willen zu haben; denn ohne den Willen ist die Ausführung eine Unmöglichkeit; was aber die letztere anlangt, so lässt sie noch viel zu wünschen übrig. Noch sind manche unter euch, die Meine Worte nicht genug zu schätzen wissen, bei denen noch sehr viel Gemisch weltlicher Ideen unter Meinem Weizen vermengt sich vorfindet, wieder andere, die diese ganzen Kundgebungen nur so oberflächlich nehmen, nicht der Verleugnung oder Entsagung von angewohnten Lebensideen fahren lassen wollen; andere wieder, die von einem Extrem leicht zum anderen übergehen, deren innerer Glaube noch keine rechte Festigkeit hat. Seht, alle diese haben im kommenden Jahr noch viel zu überwinden; und ebendeswegen in diesem Moment, wo ihr euch Mir naht, um euren Dank gegen Mich auszudrücken, finde Ich es eben angemessen, euch daran zu erinnern, in wieweit ihr Meine Gnade gewürdigt habt, und Meinen Wünschen nachgekommen seid.
Geistiges Brot habt ihr in Fülle durch Meine Schreiber erhalten, ihr habt es wohl verwahrt und aufgehoben, aber verspeist und geistig verdaut habt ihr wenig davon. Befleißt euch stets mehr, diese Lichtfunken Meiner göttlichen Liebe in euer Herz aufzunehmen, sie stets im Sinn zu haben und danach zu handeln, dann werdet ihr erst das Endresultat Meiner Gnade erkennen. Was hilft das Lesen, das Abschreiben und vielleicht gar in Goldschnitt einbinden; im Herzen müssen Meine Worte mit goldenen Lettern geschrieben stehen, dort müssen sie aufbewahrt werden, und der schöne Einband sei dann euer Ich, eure Seele selbst.
Trachtet die Wichtigkeit dieser Gaben und deren Inhalt in ihrem ganzen eigentlichen Wert erst zu erfassen, erkennt dieses Geschenk, um welches euch Geister und Engel beneiden, als das an, was es ist, und ihr werdet erst dann die Tragweite jedes einzelnen Worts aus Meinem Mund zu würdigen und zu schätzen anfangen.
Legt die Hand auf eure Brust und fragt euch selbst, wie viele Aufopferungen habt ihr denn Mir zuliebe schon gemacht? Was habt ihr Mir zuliebe getan? Und Ich versichere euch, es wird bei dieser Untersuchung ganz wenig herauskommen; wie habt ihr die Pflicht der Nächstenliebe in Wort und Tat ausgeübt? Wie habt ihr die einzelnen Worte, die Ich aus Gnade dem Einen oder dem Anderen, ja sogar auf sein eigenes Bitten gegeben habe, in eurem praktischen Leben ausgeführt? Oder habt ihr nicht meistens diese an euch individuell gerichteten väterlichen Worte nur mehr der Neugierde halber gelesen, und dann selten mehr an deren Inhalt, an deren geistigen Sinn gedacht?
O Meine Kinder, ihr wisst und kennt noch den hundertsten Teil des geistigen Sinns und der unendlichen Liebe nicht, die in diesen vielen Worten verborgen liegen, ihr ahnt wohl manchmal so etwas; allein würdet ihr euch vertiefen, ja nur in einen Satz, aus welchem Diktat er auch sei, so würde eine ganze unermessliche Welt von geistigen Wahrheiten daraus in euren Herzen emporsteigen.
Seht, um Meine Kinder zu werden, braucht es in der Wahrheit alles dieses Diktieren nicht, was seit Jahren euch und der Menschheit gegeben worden ist, es genügten die zwei großen und einzigen Gebote der Liebe; aber eben deswegen, weil die Menschen gern nur an der Oberfläche das Wichtige suchen und selten bis ins Innere, Geistige einer Sache eindringen, ebendeswegen gab Ich so vieles und werde noch mehreres geben, damit auch das oberflächliche Wort schon so voll von geistigen Liebe-Wahrheiten ist, dass selbst dem nur leicht vorübereilenden Blick genug zur Labung dargeboten wird, und aber erst dem eifrigen Forscher das ganze unermessliche Geisterreich im Inneren sich auftut.
Ist es denn in der Natur nicht ebenso? Den oberflächlichen Beobachter bezaubert eine schöne Gegend, eine schöne, wohlriechende Blume, ein mit herrlichem Gefieder ausgestatteter Vogel usw., so manchem drängen sich da unwillkürlich die Worte auf: Was hat unser Herr und Gott nicht alles Schönes geschaffen, und alles den Menschen zuliebe! Fragt nun einen Naturforscher, was der erst gefunden hat, was der für Wundergesetze und weise Einrichtungen im kleinsten Gegenstand, im kleinsten Teil einer Moospflanze, in dem Bau einer Flaumfeder gefunden hat, und, wenn er aufrichtig ist, was er euch sagen wird, welch unermesslicher Reichtum noch verborgen liegt, wo eure Sinne nicht mehr hinreichen, selbe zu erspähen.
So wie hier der Unterschied gezeichnet ist zwischen einem harmlosen Wanderer durch blühende, fruchtbare Gegenden und einem emsigen Forscher, ebenso besteht auch bei euch der Unterschied zwischen Feinschmeckern Meines göttlichen Brots und dem wirklichen Esser und Verdauer desselben. Bleibt nicht bei der leichtfertigen Feinschmeckerei, sondern genießt das Himmelsmanna, das beinahe tagtäglich auf eure Herzen herab träufelt, verwandelt es in euer eigen Blut und Fleisch, dann wird aus diesem geistigen Fleisch und Blut der eigentliche Geistmensch hervorgehen, der den Leib anziehen wird, den er für sein großes, künftiges Leben nötig hat.
Am Erneuerungsfest dieses Tages, wo hier zum ersten Mal Mein Wort euch kundgegeben ward, will Ich euch erinnern: Seid nicht eitle Hörer und Leser Meines Worts, sondern übt es tatsächlich aus! Deswegen gab Ich es euch, denn nur durch die Taten könnt ihr Meine Kinder werden, durchs Lesen aber nie!
Beherzigt, was Ich euch heute sage, damit im nächsten Jahr Meine Wünsche eine vollendete Tat geworden sind; Mein Segen wird euch nicht dazu fehlen, nur müsst ihr denken, Mein Segen unterstützt bloß, das Hauptwerk müsst ihr selbst vollführen. Kämpfen müsst ihr, eure Kraft im Kampf unterstützen tu dann Ich, und so nehmt Meine Liebe und Meine Gnade mit ins künftige Jahr, dem Flehenden wird sie nie entzogen, dem Saumseligen aber nicht angeboten werden. Amen!


Quelle: Betrachtungen an Weihnachten nebst Worten zum Jahreswechsel, Erscheinungsfest, Geburtstag, Carneval, Tanz und Frühling, Neu-theosophische Schrift Nr. 44, Kundgabe vom 6. Januar 1871


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