PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
23.
Am vierten Sonntag nach Ostern
Die Frage nach der ewigen Heimat
Johannes 16,5-6: Nun aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand unter euch fragt mich: Wo gehst du hin? Sondern weil ich solches geredet habe, ist euer Herz voll Trauerns geworden.
Empfangen am 18. März 1872
Wie Jesus Seine Mission hatte, so hat sie ein jeder Mensch
Seht, dies ist der Text für diesen Sonntag, und obwohl er dem Anschein nach leicht verständlich ist, so liegt doch bei weitem viel Tieferes darin als ihr ahnen mögt. Ich sagte dies zu Meinen Jüngern und sprach immer von Vater und Sohn, weil Ich ihnen Mein Verhältnis zu ihrem Jehova nicht anders begreiflich machen konnte als wie unter dem Bild von Vater und Sohn, ein Bild, das ihrem Weltverstand näher lag und auch in geistiger Entsprechung das Verhältnis der Liebe zur Weisheit ausdrückt, wie Ich, die Weisheit, Mensch geworden, und als Liebe der ewige Erhalter und Schöpfer der ganzen Schöpfung geblieben bin.
Ich sagte: Ich gehe zu Dem, Der Mich gesandt hat, und niemand fragt Mich, wo gehst Du hin? Sondern weil Ich solches zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauerns geworden.
Diese unerwartete Voraussage, dass eine Trennung zwischen Mir und ihnen stattfinden sollte, dieser Gedanke, der nicht in ihre Vorstellungen von Meiner Göttlichkeit und Meiner Mission passte, versetzte sie in Trauer und sie wussten auf diese Eröffnung Mir weder zu antworten noch an Mich die Frage zu stellen: Wo gehst Du hin? – Meine Jünger wussten natürlich nicht, was Ich damit meinte und wohin Ich gehen wollte, denn wenn sie gleich durch den Einfluss Meiner Worte und Wunder die Überzeugung Meines göttlichen Ursprungs hatten, so vermischten sie doch viele geistige Begriffe mit weltlichen Ideen, woraus dann natürlich falsche Schlüsse entstehen mussten. Und so geschah es öfter wenn sie Meine Worte und Bilder nicht verstanden, dass sie Mich beschuldigten, Ich rede hart und unverständlich.
Ich sagte zu Meinen Jüngern: Ich gehe zu Dem, Der Mich gesandt hat, und meinte damit den Vater, die Liebe, zu Dem ja auch alle Menschen gehen sollen; denn so wie Ich Meine Mission hatte, so haben diese alle aus Mir geschaffenen Wesen; ja selbst die roheste festeste Materie, als der sichtbare Ausdruck des gebundenen, gefesteten Geistigen hat ihre Mission und ihren Zweck.
Der denkende Mensch sieht sich zwischen eine sichtbare und eine unsichtbare Welt gestellt, die Vergänglichkeit alles Geschaffenen kann ihm keinen Trost und keine Ruhe bringen, und er stellt unwillkürlich die Frage an das Entstehende: Woher kommt ihr Geschöpfe voll Geheimnisse und Wunder, und an das Vergehende: Wohin geht ihr nun wieder?
Und so richtet er notgedrungen auch dieselben Fragen an sich selbst, indem er sich noch ein größeres Rätsel ist als alle anderen ihm sichtbaren Dinge.
Die Fragen: Warum bin ich eigentlich da? Was bin ich? Was ist mein Ziel? Wo komme ich einmal hin?, diese Fragen, die immer wieder auftauchen, sucht der Mensch sich zu beantworten, aber leider mit geringem Erfolg, denn stets steigt ein Heer von Zweifeln auf, die mit dem Gefundenen nie zufrieden, mehr Gewissheit, mehr Klarheit wollen.
Der geistige Wind, der Jesus Wiederkommen voraus geht
Seht, so regt der geistige Wind, der Meinem geistigen Kommen vorausgeht, alles zur Tätigkeit auf wie die Frühlingswinde in der Natur die Luft von schlechten Dünsten reinigen.
Dieser geistige Wind, der die menschliche Natur stets wieder aufweckt so oft sie sich gerade in einen bequemen Schlaf von weltlichen Freuden versenken will, ist und war stets der Anfang von weltlichen und geistigen Umwälzungen.
Zwei Dinge sind es, die diesen geistigen Wind nun wieder erregen, erstens Mein baldiges Kommen zur Vollendung und Krönung Meiner Mission auf Erden, und zweitens die allgemeine materialistische Neigung der ganzen Menschheit in allen Gesellschaftsklassen, das Geistige zur leugnen und sich nur sinnlichen, weltlichen Genüssen hinzugeben. Da ertönt dann in den meisten Gemütern die Frage: Zu was sind wir da, und wo kommen wir hin? Aber die jetzige Geistesrichtung kann nur eine sehr unbefriedigende Antwort auf diese Fragen geben, und das dadurch hervorgebrachte Suche und Sehnen nach Neuem, aber nicht Trügerischem sondern Wahrem veranlasst den Umsturz alle Bestehenden.
Die Menschen empfinden, dass das Geistige nicht geleugnet werden kann so viel auch manche Gelehrte sich die Mühe geben zu beweisen, dass außer der Materie nichts Geistiges besteht; die Menschen empfinden eine Leere in ihrem Herzen, das, so viel grobes Material durch den Verstand auch hineingeworfen doch nie davon ausgefüllt wird wie ein Fass ohne Boden; die alten Fragen treten immer wieder auf.
So wird die Menschheit gedrängt, sich von dem Gängelband, an dem einzelne sie zu ihrem eigenen Vorteil führen möchten und von den ihnen angelegten Fesseln zu befreien.
Dieser Kampf muss Meinem Kommen vorausgehen damit Ich am Ende desselben nur mit denen zu tun habe, die das Geistige dem Materiellen vorziehen und wissen woher sie kamen, warum sie da sind, und wohin sie dereinst zu gehen bestimmt sind.
Es werden das jene sein die alle Stürme überlebend sich mitten im Schmutz der Selbstsucht und weltlichen Leichtsinns doch rein erhalten haben; denn nur für diese werde Ich der Hirte, und sie nur Meine Schafe sein.
Die Verantwortung der Nachfolger Jesu
Auch an euch, Meine Kinder, die Ich unter so vielen auserkoren habe damit ihr, geleitet durch Mein direktes Wort, den anderen als Vorbild vorangehen sollt, tritt nun die ernste Aufgabe heran.
Bedenkt die Verantwortung, die ihr zugleich mit der Gnade unmittelbar die Worte eures Vaters hören zu können übernommen habt; denn mit dieser Gnade zugleich habt ihr auch die Verpflichtung übernommen danach zu leben, denn ohne Ausübung des Gehörten ist das Hören zu nichts nütze.
Ihr also, die ihr Mein Wort hört und wisst wie man selbe nachkommen kann, ihr seid daher doppelt strafbar, wenn ihr die Ausübung unterlasst.
Das Herz Meiner Jünger wurde voll Traurigkeit als Ich erwähnte, dass Ich sie verlassen würde; welches Gefühl würde denn euch überkommen so ihr Mich durch eigene Schuld auf längere Zeit verlieren würdet? Deshalb benützt das euch anvertraute Kapital wohl, damit ihr es mit Zinsen Mir zurückbringen könnt und vergrabt es nicht wie es jener faule Knecht im Evangelium getan hat, denn sonst kommt ihr unreif in einer Welt an wo es euch selbst zur Last wäre, als Unreife zwischen Gereiften, als Unglückliche zwischen Glücklichen leben zu müssen.
Trachtet danach mit dem Bewusstsein ins Jenseits eintreten zu können alles getan zu haben was gemäß allen an euch ergangenen Worten von euch zu erwarten war; trachtet danach Mein Wort für euch und andere so auszubeuten, dass ihr nur vieler guter Taten und weniger Fehler euch bewusst werdet.
Fragt euch ein Mitbruder: Wo gehst du hin?, so weist nach dem Morgen des ewigen Liebelichts indem ihr sagt: Ich gehe dorthin von wannen ich gekommen bin, und wo ewiges, geistiges Fortschreiten und stetes Annähern an Meinen Schöpfer und Vater möglich ist.
Ich sagte: Ich gehe zu Meinem Vater, Der Mich gesandt hat, mit der vollen Zuversicht, dass Ich zum völligen Sieg hindurchdringen werde, trotzdem Ich als Mensch noch das Herbste zu überstehen hatte; so sollt auch ihr mit voller Zuversicht auf den endlichen Sieg euer Ziel fest im Auge behalten und rüstig daran arbeiten, alle Versuchungen, die sich euch entgegenstellen, zu besiegen, um die Hand einst nach der Siegespalme ausstrecken zu dürfen.
Wer von Meiner Lehre nur dunkle Begriffe hat oder gar nichts weiß, der ist für seine Handlungen nicht so verantwortlich wie derjenige, der Meine Lehre kennt und sie auch versteht aber doch dagegen sündigt; ein solcher wird aber nicht etwa von Mir gestraft werden sondern sein eigenes Gewissen wird ihn der Schwäche und des Mangels an ernstem Streben anklagen, weil er mitten unter dem Einfluss geistiger Hilfe von oben sich so sehr von der Welt umstricken ließ, dass er dabei seine geistige Würde verlor.
Merkt euch diese Meine Worte: Nicht die Begeisterung beim Anhören Meiner Worte sondern nur die Befolgung Meiner zwei Liebegebote allein, aber auch nur das Befolgen in strengstem Sinn, kann euch zu Meinen Kindern und somit zu Kindern des Schöpfers der ganzen Unendlichkeit stempeln. Den Preis, der euch zu erringen dargeboten wird, kennt ihr noch nicht im vollen Umfang, weil ihr Mein geistiges Reich noch nicht kennt, aber würdet ihr sehen, wie selbst große Geister und Engel sich danach sehnen diesen Preis zu erringen, ihr würdet mit mehr Eifer daran arbeiten euer Ziel zu erreichen um zu Dem als Kinder zurückkehren zu können, Der die Liebe Selbst ist, aber eine Liebe, die ein menschliches Herz nicht fassen kann. Diese höchste Liebe will euch ja zu ihren Kindern machen, und hat sich als Menschensohn auf eurer Erde verkörpert, und euch durch Sein Leben im niedrigsten Stand den Weg gezeigt den auch ihr gehen, und das Ziel, das auch ihr erreichen könnt und sollt.
So ging Ich einst zu Meinem Vater, Der Mich gesandt hat; trachtet auch ihr zu Ihm, Der die Liebe ist, zu gelangen, um aus Seinen Händen die Siegeskrone für eure Kämpfe und Leiden zu erhalten wie einst Ich als Gott-Mensch Jesus vor nahe zweitausend Jahren. Amen.
Weiteres zur Himmelfahrt siehe hier.