Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
28.
Am zweiten Sonntag nach Pfingsten

Das Gleichnis vom großen Abendmahl
Lukas 14,16-24: Er aber sprach zu ihm: Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu. Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist alles bereit! Und sie fingen an, alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der andere sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der dritte sprach: Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh aus schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und führ die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden herein. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh aus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, auf das mein Haus voll werde. Ich sage euch aber, dass der Männer keiner, die geladen waren mein Abendmahl schmecken wird.


Empfangen am 27. März 1872

Anforderungen Jesu an Seine Jünger

Dieses Gleichnis zeigt euch Mein Streben, die Menschheit für Mich und Meine Lehre zu gewinnen. Das Vorhergehende in diesem Kapitel, die Heilung des Wassersüchtigen an einem Sabbat, sollte den Juden zeigen, dass man den Sabbat nicht durch die üblichen Gebräuche sondern dadurch heilige, dass man seinem Nächsten wohltue. Auch zeigte Ich ihnen in einem Gleichnis wie derjenige beschaffen sein soll, der sich Mir und Meinem Tisch nähern will, nämlich, dass Demut und Bescheidenheit die ersten Eigenschaften eines Menschen sein sollen der Mir nachfolgen will.
Das Nachfolgende in diesem Kapitel zeigt wieder wie das Herz desjenigen der Mir nachfolgen will, sich von allem abwenden muss, was ihm sonst in der Welt lieb und teuer war, und nur ganz Mir anzugehören trachten soll.
Es sollte daher jeder, bevor er sich entschließt Mir zu folgen sich ernstlich erforschen, ob er auch Mut, Kraft und Ausdauer besitze, unter allen Umständen und Verhältnissen der Fahne Meiner Liebe und Meiner Lehre treu zu bleiben und selbe zu verteidigen, denn Mein Wort in sich aufzunehmen und Mir durch die Tat zu folgen ist eine ernste Sache und nicht so leicht zu nehmen. Im strengsten Sinn ist nur derjenige, der es gehört und verstanden hat aber sich nicht danach richtet ein Sünder gegen Meinen Willen und Mein Gesetz und dadurch strafbar. Daher: Wer Ohren hat zu hören, der höre, d.h.: Lasst Meine Worte nicht zu einem Ohr hinein- und zum anderen hinausgehen, sondern nehmt das Gehörte wohl in eure Herzen auf, erwägt es und handelt dann auch danach!


Die Bedeutung des Abendmahls

Um nun auf das Gleichnis vom großen Abendmahl zurückzukommen, so müssen wir wieder mit der Worterklärung anfangen, wollt ihr den tieferen Sinn Meiner Rede erkennen.
Ich sagte: Es gab jemand ein Abendmahl. Was versteht man nun unter einem Abendmahl? Das Wort ist zusammengesetzt aus Abend und Mahl, es obliegt uns also zuerst, die beiden Wörter einzeln näher zu erklären, und dann auf die Bedeutung des zusammengesetzten Worts, und endlich auf die Anwendung, die Ich in diesem Gleichnis von selbem machte, überzugehen.
Abend bezeichnet den letzten Teil des Tages, wo die Arbeit aufgehört hat und der Mensch in der darauf folgenden Nacht bis zum Morgen Ruhe und Stärkung für die Arbeit des kommenden Tages sucht; der Abend ist sonach das Aufhören alles Schaffens und der Tagesbeschäftigung, und was man sich des Morgens vorgenommen hat, muss während des Tages pflichtgemäß ausgeführt werden, wenn der Abend Ruhe und Zufriedenheit bringen soll.
Ein Mensch, der den ganzen Tag geschafft und gearbeitet hat, sehnt sich abends nach Ruhe um seine verbrauchten Kräfte wieder zu erlangen, zugleich nimmt er aber Nahrung zu sich, damit der Körper sowohl als auch mittelbar die Seele das während des Tages Verbrauchte wieder zu ersetzen vermögen.
So führt das körperliche und seelische Bedürfnis die Menschen zu einem Mahl, das, wenn es abends eingenommen wird, Abendmahl heißt zum Unterschied vom Mittagsmahl, das in der Mitte des Tages eingenommen wird, aber nicht wie das Abendmahl das Ausruhen am Tisch und die Wiedergewinnung der Kräfte durch nächtliche Ruhe zur Folge hat, sondern dem wieder nach kurzer Pause tätige Beschäftigung und Anstrengung folgt. Das Mittagsmahl ist demnach nur eine kurze Ruhepause in der Tagesarbeit, während das Abendmahl am Schluss des Tages außer zum Ausruhen auch noch zum Überschauen des während des Tages Vollbrachten anregt, was wieder nur dem Ruhe und Zufriedenheit gewährt, der mit dem Bewusstsein sich an den Tisch setzen kann, alles nach besten Kräften getan zu haben, was Pflicht und Gewissen ihm während des Tages zu tun vorgeschrieben haben.
Hiermit hätten wir die Bedeutung des Abendmahls seinem tieferen Sinn nach kennengelernt und wollen nun untersuchen, warum man Gäste zu einem Mahl lädt. Hier ist wieder der geistige Sinn die Hauptsache dieser Handlung, die Ich in diesem Gleichnis Meinen Jüngern und sonstigen Anwesenden ans Herz legen wollte.
Das Einladen anderer um ein Mahl mit ihnen zu teilen, beruht darauf, dass der Mensch nicht bloß aus Körperlichem sondern auch aus Geistigem besteht, und wenngleich er oft nur Körperliches verrichtet, sein Geist und seine Seele dabei nicht vernachlässigt werden sollen. Es ist das ein Beweis der Doppelnatur des Menschen abgesehen von Meinem Gottesfunken, den Ich in euch gelegt habe; denn selbst die Tiere fühlen das Bedürfnis des Beisammenlebens, und sind nur durch Anschließen aneinander fröhlich und zufrieden.
Manche euer Gelehrten und Weltweisen glauben, es sei die ganze Welt nur erregt, bewegt und bestehend durch Kraft und Stoff, zwei Dinge, die sie aber selber nicht entziffern können. Sie sollten sich nur einmal bei einem einfachen Mahl belauschen, wo sie leicht erfahren würden, dass der Mensch aus Materiellem und Geistigen besteht, wobei das Eine nur gedeiht und gesund wird, wenn das Andere ins Mitgefühl gezogen wird. Sie würden sich überzeugen, dass eine materielle Speise nur dann gedeiht, wenn sie mit geistiger Nahrung, mit Liebe vermischt ist, und so den beiden Hauptelementen des menschlichen Wesens entspricht, Materie und Geist.
Dieser unbewusste Drang, mit der materiellen Nahrung auch geistige zu sich zu nehmen, ist bei den meisten Menschen die Ursache, warum sie lieber ein Mahl in Gesellschaft als allein halten, woraus dann der Wunsch entsteht, entweder andere zu einem Mahl einzuladen, oder, wo das Familienleben für Gesellschaft gesorgt hat, mit dieser das Mahl gemeinschaftlich einzunehmen.
Dass auch dieses Verlangen nach geselligem Beisammensein ausarten kann, wo der Mensch oft sein geistiges Ich ganz vergisst oder durch Berauschung es sogar verliert, solches gehört nicht in den Bereich Meiner Erklärung, und Ich spreche hier bloß von Menschen, bei denen das Geistige das Körperliche beherrscht und übergehe solche leider oft vorkommende Fälle, wo der geistig geschaffene Mensch trotz seiner geistigen Bestimmung freiwillig unter das Tier herabsinkt.


Die Bedeutung der Einladung und ihre Folgen

Nachdem wir nun das alles besprochen haben, können wir zur weiteren Erklärung des Gleichnisses, wie Ich es damals Meinen Jüngern und den Pharisäern gab, schreiten.
Vorher gab Ich den stolzen, ehrsüchtigen Pharisäern einen Wink, dass nur Bescheidenheit die Zierde des Menschen ist und es besser sei, bei einem Mahl als geladener Gast den letzten statt einen der ersten Plätze einzunehmen, damit man nicht beschämt nach unten rücken müsse, wenn etwa Höhergestellte später ankämen sondern dass der Wirt ihn eher nötige, hinauf zu rücken. Ich sagte ihnen: Wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht, wer sich aber selbst erhöht, der wird erniedrigt werden, was mit anderen Worten sagen will: Gebt nicht eurer Eigenliebe Gehör um zu erfahren was für einen sittlich-geistigen Wert ihr habt, sondern erwartet dieses Urteil von Anderen, Weiseren und Höhergestellten, so werdet ihr jeder Zurechtweisung entgehen, denn wer sich auf diese Art selbst richtet, der ist auch schon gerichtet.
Wenn Ich ihnen ferner sagte, dass, so ein Mensch jemanden einlade, er mit dieser Einladung womöglich auch einen Akt der Bruderliebe verbinden soll, so tat Ich solches, um ihnen zu zeigen, dass der Mensch auch bei der geringsten Handlung seines hohen geistigen Werts eingedenk sein und möglichst mit jeder solcher Handlung einen Akt der Nächstenliebe verbinden soll, damit ihm daraus ein lohnendes Bewusstsein erwachse.
Deswegen sagte Ich ihnen: Verpflichte nicht andere zur Erwiderung eines Liebedienstes, denn wurde dir ein solcher vergolten, so hört die Wirkung einer guten Tat auf; tue nicht nur denen einen Liebesdienst, die dir selben erwidern können, sondern auch solchen, bei denen du im Voraus weißt, dass sie ihn dir zu vergelten nicht in der Lage sind, ja selbst, dass sie ihn dir mit Undank lohnen werden. Eine solche Handlung zeigt, dass man dabei nicht bloß weltliche Vorteile sondern höhere, edler Grundsätze im Auge hat.
Die Folgen dieser Einladung, wie Ich selbe in diesem Gleichnis anführte, wo ein jeder eingeladene Gast mittelst Ausreden sich entschuldigte, sollte Meinen Zuhörern zeigen, wie wenig  Dank und Anerkennung man erhält, wenn man Begünstigungen und Wohltaten an solche austeilt, die ihrer nicht zu bedürfen glauben.
Der Gastgeber sah sich gezwungen, um das Mahl nicht umsonst bereitet zu haben, seine Knechte in Nah und Fern auf die Straßen zu schiecken um Arme, Gebrechliche, Lahme und Blinde herbeizurufen, die ihm helfen sollten das Mahl aufzuzehren, damit es nicht verderbe.
In diesem Fall hat der Gastgeber wohl keinen Akt der Nächstenliebe verübt, denn seine ursprüngliche Absicht war nicht, solche Gäste an seinem Tisch zu haben, aber die Ansichten der Welt und seine Notlage zwangen ihn zu einem solchem Schritt; es hat ihm aber in der Folge zur Regel gedient, nicht mehr nach weltlichen Gütern den Wert oder Unwert seiner Nebenmenschen abzuwägen sondern mehr die geistigen Verhältnisse der Menschen in Rechnung zu bringen.
Noch Mehreres ließe sich aus diesem Gleichnis erklären da ein jedes Wort aus Meinem Mund Unendliches enthält; wir wollen aber hier abbrechen und uns zu der Erklärung wenden, inwiefern dieses Gleichnis auf die Menschheit überhaupt, besonders aber auf die jetzige Zeit anwendbar ist, damit ihr einen geistigen bleibenden Nutzen daraus ziehen könnt.


Das große Abendmahl vor Jesus Wiederkunft

Seht, Ich Selbst bin derjenige, Der ein großes Abendmahl geben will in Bälde vor Meiner Wiederkunft. Ich lud schon lange und lade auch noch die ganze Menschheit ein, wohl zuerst diejenigen, die mit Verstand und Talent genug ausgerüstet wurden, dass sie Mein Wort verstehen und annehmen könnten und danach leben sollten; aber wie es dem Gastgeber im Gleichnis ging, so geht es auch Mir: Die meisten verschmähen und scheuen Meine Tafel, wo Mein geistiges Himmelsbrot der Liebe, Demut, Sanftmut und des unbedingten Vertrauens für sie aufgetischt ist und sie lassen sich entschuldigen, weil sie vor lauter Weltgeschäften keine Zeit für Mich finden, und durch ihren ganzen Lebenswandel gerade die entgegengesetzten Neigungen bekunden.
Nachdem jene, für die ursprünglich das Mahl bereitet war, nicht kommen wollen, so habe Ich nun die ganze übrige Menschheit dazu geladen, wenn sie auch noch arm, lahm, blind und krüppelhaft am Geist, Meine Worte noch nicht so recht verstehen können, so sind sie doch hungrig und durstig nach der geistigen Speise, die Ich ihnen durch Meine Knechte vorsetzen lasse; ihnen wird geholfen werden weil sie die wahre geistige Kost annehmen, aber jenen, die in ihrem Hochmut und Eigendünkel sich selbst genug aufgeklärt wähnen und Mein Wort verschmähen, denen wird die für sie bestimmte geistige Nahrung auf lange Zeit entzogen werden.
Alle, die sich zu Meinem großen Abendmahl vor Meiner Wiederkunft versammeln, werden Sättigung nach den Mühsalen des Erdenlebens und Ruhe und Frieden finden, und auf dem leichtesten, kürzesten Weg zu Mir gelangen, während diejenigen, die Mein Wort verschmähten, sich selbst und ihrer Weisheit überlassen noch einen weiten mühevollen Weg werden zurücklegen müssen, bevor sie wieder einmal auf dem Punkt angelangt sein werden, zu Meinem Mahl geladen und an Meinem Tisch gesättigt zu werden.
Auch das Abendmahl, das Ich vor Meinem Hingang mit Meinen Jüngern hielt, hatte denselben Zweck und dieselbe Bedeutung. Während Meines Erdenwandels lud Ich das ganze Judenvolk als die Auserwählten ein, an dem geistigen Mahl teilzunehmen; doch diejenigen, die Mich am besten hätten verstehen sollen, diese kamen nicht zu Meiner Tafel, und es blieb nur eine kleine Schar meist irdisch Armer bei Mir, die Ich mit Meinem Mahl sättigte und sie als Meine Jünger verwendete.
So stehen auch jetzt die Verhältnisse wieder, selten folgt ein Hochgestellter, mit irdischen Glückgütern Gesegneter, Meiner Einladung zum geistigen Liebesmahl; sie wenden sich meist weg von Mir dem Irdischen zu, nur Hartgeprüfte, von der Welt Halbverlassene sind es, die Meinen Worten Gehör schenken, und aus denen Ich Meine Knechte erwähle, die die gleich ihnen oder noch mehr Bedürftigen und geistig Krüppelhaften überall auf den Landstraßen und hinter den Hecken und Zäunen aufsuchen, und selbe zu Meinem Abendmahl führen sollen. Solche sind am leichtesten zu einem kindlichen Sinn und zum Vertrauen an Mich zu führen, weil in ihnen durch ihre gedrückte Lebenslage Geduld und Sanftmut geübt dagegen Hochmut und Stolz nicht erwacht und genährt sind, wie beides gewöhnlich bei jenen zu finden ist, die Weltgüter und eine Stellung in der Gesellschaft ihr eigen nennen wo sie glauben, das Geistige entweder verleugnen oder ganz entbehren zu können.


Lebensregel

Nehmt euch daher aus Vorstehendem Folgendes zur Richtschnur: Sucht in jeder eurer Handlungen auch das Geistige hineinzulegen; durch Liebe, Sanftmut und Geduld wieder Liebe und Vertrauen zu erwecken; handelt ferner jeden Tag so als müsstet ihr am Abend von dieser Erde scheiden. Zieht euer Gewissen jeden Abend zu Rat und fragt euch, ob ihr, so euch Gott der Herr heute rufen möchte, auch ohne Angst und Bangen Rechenschaft ablegen könntet von eures Lebenstages Schaffen.
Wenn ihr so zu Werk geht, so könnt ihr täglich eure Seele etwas vervollkommnen, langsam aber sicher das Seelenhaus für den göttlichen Funken in euch, den Geist, dem Inneren wie dem Äußeren gemäß erbauen, damit ihr einst mit Recht Anspruch machen könnt, Mein Kind, ein Kind des Herrn der ganzen Schöpfung, genannt zu werden.
Seht, wie Ich euch helfe durch jeden Text, durch jeden Vers euer Inneres zu vergeistigen und zu veredeln, damit ihr vorerst selbst tüchtig werdet und Mir dann mit Erfolg als Werkzeuge dienen könnt zu dem hohen Zweck, den Ich mit euch im Auge hatte als Ich es zuließ, dass ihr von so vielen bevorzugt die Gnade genießen sollt, von Mir durch unmittelbare Mitteilungen erzogen zu werden.
Harrt aus! Das Ende wird euch belehren, dass Meine Worte nicht Worte der Vergänglichkeit, sondern Worte der Ewigkeit sind, wie Ich Selbst ewig bin, war, und sein werde. Amen.


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