PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
34.
Am achten Sonntag nach Pfingsten
Das Gleichnis vom ungerechten Haushalter
und der reiche Prasser im Jenseits
Lukas 16,1-13+19-31: Er aber sprach zu seinen Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Haushalter; der ward von ihm berüchtigt, als hätte er ihm seine Güter umgebracht. Und er forderte ihn und sprach zu ihm: Wie höre ich das von dir? Tu Rechnung von deinem Haushalten; denn du kannst hinfort nicht Haushalter sein! Der Haushalter sprach bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt das Amt von mir; graben kann ich nicht, so schäme ich mich zu betteln. Ich weiß wohl, was ich tun will, wenn ich nun von dem Amt gesetzt werde, dass sie mich in ihre Häuser nehmen. Und er rief zu sich alle Schuldner seines Herrn und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig? Er sprach: Hundert Tonnen Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Brief, setze dich und schreib flugs fünfzig. Danach sprach er zu dem anderen: Du aber, wie viel bist du schuldig? Er sprach: Hundert Malter Weizen. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Brief und schreib achtzig. Und der Herr lobte den ungerechten Haushalter, dass er klüglich gehandelt hatte; denn die Kinder dieser Welt sind klüger als die Kinder des Lichts in ihrem Geschlecht. Und ich sage euch auch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf dass, wenn ihr nun darbt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.
Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten unrecht ist, der ist auch im Großen unrecht. So ihr nun in dem ungerechten Mammon nicht treu seid, wer will euch das Wahrhaftige vertrauen? Und so ihr in dem Fremden nicht treu seid, wer wird euch geben, was euer ist? Kein Knecht kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott samt dem Mammon dienen.
Das alles hörten die Pharisäer auch, und waren geizig, und spotteten sein.
Und er sprach zu ihnen: Ihr seid's, die ihr euch selbst rechtfertigt vor den Menschen; aber Gott kennt eure Herzen; denn was hoch ist unter den Menschen, das ist ein Gräuel vor Gott. Das Gesetz und die Propheten weissagen bis auf Johannes; und von der Zeit wird das Reich Gottes durchs Evangelium gepredigt, und jedermann dringt mit Gewalt hinein. Es ist aber leichter, dass Himmel und Erde vergehen, denn dass ein Tüttel am Gesetz falle.
Es war aber ein reicher Mann, der kleidete sich mit Purpur und köstlicher Leinwand und lebte alle Tage herrlich und in Freuden.
Es war aber ein armer Mann mit Namen Lazarus, der lag vor seiner Tür voller Schwären und begehrte sich zu sättigen von den Brosamen, die von des Reichen Tisch fielen; doch kamen die Hunde und leckten ihm seine Schwären. Es begab sich aber, dass der Arme starb und ward getragen von den Engeln in Abrahams Schoß. Der Reiche aber starb auch und ward begraben. Als er nun in der Hölle und in der Qual war, hob er seine Augen auf und sah Abraham von fern und Lazarus in seinem Schoß. Und er rief und sprach: Vater Abraham, erbarme dich meiner und sende Lazarus, dass er die Spitze seines Fingers ins Wasser tauche und kühle meine Zunge; denn ich leide Pein in dieser Flamme. Abraham aber sprach: Gedenke, Sohn, dass du dein Gutes empfangen hast in deinem Leben, und Lazarus dagegen hat Böses empfangen; nun aber wird er getröstet, und du wirst gepeinigt. Und über das alles ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt, dass die wollten von hinnen hinabfahren zu euch, könnten nicht, und auch nicht von dannen zu uns herüberfahren. Da sprach er: So bitte ich dich, Vater, dass du ihn sendest in meines Vaters Haus; denn ich habe noch fünf Brüder, dass er ihnen bezeuge, auf dass sie nicht auch kommen an diesen Ort der Qual. Abraham sprach zu ihm: Sie haben Mose und die Propheten; lass sie dieselben hören. Er aber sprach: Nein, Vater Abraham, sondern wenn einer von den Toten zu ihnen ginge, so würden sie Buße tun. Er sprach zu ihm: Hören sie Mose und die Propheten nicht, so werden sie auch nicht glauben, wenn jemand von den Toten aufstünde.
Empfangen am 11. April 1872
Zum ungerechten Haushalter
Dieses Kapitel handelt von einem ungerechten Haushalter oder Verwalter, der, nachdem sein Herr von seiner Untreue erfuhr und ihn zur Rechenschaft zog, seine Zukunft damit sichern wollte, dass er die Schuldner seines Herrn berief und ihre Schuld in den Schuldurkunden geringer schreiben ließ, damit er nicht der Not ausgesetzt und darben oder sein tägliches Brot durch ungewohnte Händearbeit verdienen müsse.
Ich trug dieses Gleichnis den Pharisäern und Schriftgelehrten deswegen vor, weil sie am meisten dem Geld oder Mammon huldigten, und um davon in Fülle zu erwerben, sich keines Mittels scheuten, ihren Zweck zu erreichen.
Was der ungerechte Haushalter getan hat, das taten auch die Pharisäer in ihren Religionsgesetzen, indem sie den Reicheren die Befolgung derselben erleichterten und ihr Verpflichtungen Mir gegenüber herabsetzten wenn diese dafür gut bezahlten. Sie waren mit den Armen streng und mit den Reichen nachsichtig, wie es auch eure Priesterschaft zumeist noch heute ist.
Trotzdem sagte Ich aber zu Meinen Jüngern und Zuhörern: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon auf dass, wenn ihr nun darbt, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten. Ferner aber auch: Wer im Geringsten treu ist, der ist auch im Großen treu; und wer im Geringsten ungerecht ist, der ist auch im Großen ungerecht. Ferner: So ihr nun in dem ungerechten Mammon nicht treu seid, wer will euch das Wahrhaftige anvertrauen? Ferner: So ihr im Fremden nicht treu seid, wer will euch geben dasjenige, das euer ist? Und: Kein Hausknecht kann zwei Herren dienen; entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben oder umgekehrt, was geistig auch heißt: Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen.
Alle diese Verse enthalten mit wenig Unterschied das Nämliche, nur der neunte Vers steht in scheinbarem Widerspruch mit den anderen, weil dort gleichsam angeraten wird, dass ihr euch mit dem Mammon Freunde machen sollte, auf dass im Fall der Not euch eine Freundeshand euch unterstütze; während in den anderen Versen gerade mehr darauf hingewiesen wird, dass man nicht zwei Herren dienen könne; denn Gott und der Mammon (was die materielle Welt, ihre Schätze und ihre Genüsse bedeutet) sind doch gewiss aneinander ganz entgegengesetzt; und es ist ganz natürlich, dass, wer dem Mammon oder der Welt huldigt, nicht ebenfalls Gott lieben und Seine Lebensregeln folgen kann.
Um diese Widersprüche zu lösen, wollen wir diese Verse näher betrachten und versuchen, dennoch eine gemeinschaftliche Richtung nach einem Ziel darin nachzuweisen.
Von der Schuldanrechnung
Seht, was Ich in diesem Gleichnis sagte, dass der schlechte Verwalter die Schuldverschreibungen seines Herrn bedeutend herabmindern ließ, bedeutet geistig, dass bei dem Menschen seine Natur und die Verhältnisse in denen er leben muss, seine Fehler gegen Mich bedeutend mildern; denn wollte Ich euch ohne diese Berücksichtigung beurteilen oder gar bestrafen, so stände es wohl sehr schlecht um die ganze Menschheit; denn dann müsste Ich das ganze Menschengeschlecht wieder durch eine Sündflut vernichten und neue Menschen erschaffen, und wollte Ich, dass sie nicht auch in die Fußstapfen ihrer Vorgänger verfallen sollten, so müsste Ich sie außerdem noch zu Maschinen, dürfte sie aber nicht zu freien Menschen machen.
Erwerbt euch Freunde mit dem ungerechten Mammon will so viel sagen als lindert mit eurem Überfluss an irdischen Gütern die Not der Bedürftigen und springt mit euren geistigen Schätzen gern den Unwissenden bei; dadurch macht ihr sie euch zu Freunden, die es euch im Jenseits vergelten werden, was ihr aus wahrer Nächstenliebe an ihnen getan habt.
Denn über eure irdischen wie geistigen Schätze habt ihr nicht zu verfügen wie über euer gerechtes Eigentum, sondern wie der Verwalter im Gleichnis über die Güter seines Herrn als für ihn ungerechten Mammon, den Ich als der Besitzer euch zur Verwaltung übergeben habe.
Auch auf andere Weise könnt ihr euch noch Freunde erwerben, die euch einst nützlich werden können. Erleichtert dem mit Sünden und Gewissensbissen Beladenen seine Last; stellt ihm vor, dass seine Schuld gegen Mich zwar groß, doch von seiner Seite nicht untilgbar ist.
Lehrt ihn, Mich nicht als höchst strengen Richter sondern als einen liebenden Vater ansehen, Der den Einfluss der Welt bei Anrechnung einer Schuld wohl berücksichtigt; denn der Mensch muss mit seinen Mitmenschen in der Welt leben, aber er soll das Gute, wenn auch durch schlechte weltliche Einflüsse daran gehindert, doch nach Kräften auszuüben suchen. Auf diese Weise erleichtert ihr den Beunruhigten, sich ihrer Schuld Bewussten, ihre Last und gewinnt ihr Herzen; macht euch also Freunde mit dem ungerechten Mammon.
Die Welt benutzen um Gott zu dienen
Der nächste Vers, der lautet, dass, wer im Geringsten treu ist, es auch im Größten sein wird, besagt: Dass, wenn ein Mensch es einmal erfasst hat, dass er mit seinen schwachen Kräften der Welt widerstehen kann, indem er sich von ihr nicht verleiten lässt sondern allein nur den Wert zuerkennt den es eigentlich hat, ein solcher Mensch, sollten ihn die Verhältnisse hier oder im Jenseits auch einst höher stellen, wird sich dadurch nicht verblenden lassen sondern er wird auch dort treu bleiben jenen Grundsätzen, die er sich bei geringen Kräften und in beschränktem Wirkungskreis erworben hat.
So ihr im Fremden nicht treu seid, wer will euch geben dasjenige, das euer ist, besagt fast dasselbe, denn das Fremde bedeutet die materielle Lebensaufgabe, und das eigene eure geistige Bestimmung. Wer seine irdische Aufgabe nicht erfasst, wie kann er seine geistige erfassen?
Zwei Herren kann man nicht dienen; man kann nicht der Welt und Gott dienen, aber man soll die Welt benützen um Mir zu dienen, denn nur so ist es möglich, dass sich die Menschen Mir nähern und ihre geistige Vervollkommnung anstreben, wenn sie, in der Welt lebend, diese und alle ihre Güter benützend doch keinen anderen Zweck im Auge haben, als durch weise Anwendung des ihnen Anvertrauten dem Nächsten und dadurch Mir Selbst ihre Liebe zu beweisen.
Materielle Gesinnung verhindert geistige Entwicklung
Das nachfolgende Gleichnis in diesem Kapitel Lukas vom reichen Prasser und dem armen Lazarus sollte Meinen Jüngern noch mehr zeigen, welche Folgen daraus entstehen, wenn man, statt den Mammon zu geistigen Zwecken zu benützen, ihn selbst als Zweck oder als Mittel zum Wohlleben verwendet. Es sollte ihnen zeigen, dass auf diese Art der Eine seinen Lohn schon in diesem kurzen Erdenleben empfängt, während der Andere die Vergeltung seiner Taten in einem langen ewigen Leben zu erwarten hat, wozu der weltlich Gesinnte ebenso wenig den Weg finden wird außer aus seinem Inneren heraus, als wie dem schon Guten ein Rückschritt zum Weltlichen möglich ist.
Dass der Reiche in seiner Qual Abraham bat, wenigstens seine Brüder zu retten, und dieser ihm antwortete: Wenn sie nicht an das glauben, was Moses und die Propheten gelehrt haben, so werden sie sich auch nicht überzeugen lassen wenn selbst jemand von den Toten auferstünde, will besagen, dass derjenige, der sich der Welt und dem Mammon ganz hingegeben hat, nicht bekehrt werden würde selbst wenn überirdische Einflüsse sich bei ihm geltend machten, weil er selbst zu niedrig gesinnt, an das Überirdische nicht mehr glaubend, selbes längst durch seine Worte und Taten verleugnet hat.
Inmitten der Welt nur dem Geistigen dienen
Aus dem Gleichnis vom ungerechten Haushalter geht auch hervor, dass ihr Menschen und besonders ihr, die Ich mehr als andere in Meine Lehre und in die Geheimnisse Meines geistigen Reichs einführe, eure Anforderungen an euch und andere nicht zu hoch stellen sollt.
Ihr müsst nicht Geister sein wollen während ihr noch schwache Menschen seid, dieses Streben verträgt eure menschliche Natur nicht. Ihr sollt euch Freunde und Mir Kinder erwerben, das geht aber nur dann, wenn ihr die irdische Welt benützt und Anderen nicht durch überspannte Anforderungen den Weg zu Mir erschwert oder unmöglich macht, und bei euch, wenn ihr fehlt, es Meiner Gnade überlasst inwieweit Ich eure Fehler anrechne oder nicht.
Das Zuviel ist in keiner Hinsicht von Nutzen sondern überall nur schädlich. Ihr könnt mitten im weltlichen Treiben ganz Liebe für Mich, ganz Liebe gegen eure Nächsten sein und eure sittliche Reinheit euch bewahren; ihr könnt und sollt Mir inmitten der Welt ganz und nur allein dienen.
Ich Selbst kann ja nicht verachten, kann nicht hassen was Ich geschaffen, und Ich benütze Selbst die weltlichen Ereignisse um die Menschheit geistig zu erziehen, und alles Gebaren der Menschen, so schlecht es auch von Seiten des Einen oder Anderen sein mag, muss Mir zur geistigen Vervollkommnung Meiner Kinder und der gesamten Menschheit dienen.
Und so wie Ich verfahre so sollt auch ihr es tun, ihr sollt auch alle Umstände und Verhältnisse, die euch auf eurem Lebensweg begegnen, so benützen, dass ihr Meinen Zweck befördern helft; und es hat dann keine Not Verstorbene zu rufen, wenn ihr Lebende durch euren Wandel die besten sichtbaren Zeugnisse seid.
So erseht ihr aus einem Gleichnis wo die Ungerechtigkeit als Beispiel dient, wie viel Nutzen selbst aus Umständen gezogen werden kann, die dem Anschein nach schlecht, deren Endergebnis aber das Herrlichste ist, das Ich als Gott, als Jesus angestrebt habe, und ihr als Meine Kinder mit vollenden helfen sollt, indem ihr durch euer Leben den sichtbaren Beweis liefert, dass mitten im Weltgetümmel die menschliche Seele eingedenk ihrer hohen Aufgabe, sehr wohl einem Herr allein, und zwar Mir dienen kann, und das ohne die weltlichen Verhältnisse unbenützt zu lassen, die wohlweislich so geordnet und nur dazu da sind um die große Aufgabe der Menschenkinder zu beschleunigen und glorreich zu Ende führen zu helfen. Amen.