Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
4.
Am vierten Adventssonntag

Die Bußpredigt des Johannes
Lukas 3,1-20: In dem fünfzehnten Jahr des Kaisertums Kaisers Tiberius, da Pontius Pilatus Landpfleger in Judäa war und Herodes ein Vierfürst in Galiläa und sein Bruder Philippus ein Vierfürst in Ituräa und in der Gegend Trachonitis und Lysanias ein Vierfürst zu Abilene, da Hannas und Kaiphas Hohepriester waren: da geschah der Befehl Gottes zu Johannes, des Zacharias Sohn, in der Wüste. Und er kam in alle Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung Sünden, wie geschrieben steht in dem Buch der Reden Jesaja's, des Propheten, der da sagt: Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige richtig! Alle Täler sollen voll werden, und alle Berge und Hügel erniedrigt werden; und was krumm ist, soll richtig werden, und was uneben ist, soll schlichter Weg werden. Und alles Fleisch wird den Heiland Gottes sehen. Da sprach er zu dem Volk, das hinausging, dass sich von ihm Taufen ließe: Ihr Otterngezücht, wer hat denn euch gewiesen, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße und nehmt euch nicht vor, zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; welcher Baum nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und in das Feuer geworfen. Und das Volk fragte ihn und sprach: Was sollen wir denn tun?
Er antwortete aber und sprach zu ihnen: Wer zwei Röcke hat, der gebe dem, der keinen hat; und wer Speise hat, der tue auch so. Es kamen auch die Zöllner, dass sie sich taufen ließen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, denn gesetzt ist. Da fragten ihn auch die Kriegsleute und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt noch Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold. Als aber das Volk im Wahn war und dachten in ihren Herzen von Johannes, ob er vielleicht Christus wäre, antwortete Johannes und sprach zu allen: Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber ein Stärkerer nach mir, dem ich nicht genügsam bin, dass ich die Riemen seiner Schuhe auflöse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen. In seiner Hand ist die Wurfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheuer sammeln, und die Spreu wird er mit dem ewigen Feuer verbrennen. Und viel anderes mehr ermahnte er das Volk und verkündigte ihnen das Heil. Herodes aber, der Vierfürst, da er von ihm gestraft ward um der Herodias willen, seines Bruders Weib, und um alles Übels willen, das Herodes tat, legte er über das alles Johannes gefangen.


Empfangen am 10. Dezember 1871

Vorbereitung auf die Wiederkunft Jesu

Dieses Kapitel behandelt eine Bußpredigt Johannes des Täufers, die er am Jordan an die um ihn versammelte Volksmenge hielt, mit der er die Juden für Den vorbereiten wollte, Dem, wie er sagte, er nicht wert sei, die Schuhriemen aufzulösen.
Ein jeder seiner Zuhörer fragte den Johannes, was er in Bezug auf seine Lebensweise, auf seinen Stand oder sein Gewerbe zu tun habe, und er wies jeden an, die Nächstenliebe zu üben, wie es eben gerade dem Fragesteller angepasst war.
Was damals Johannes getan hat, das tue Ich nun schon seit längerer Zeit Selbst, indem Ich die Menschen durch ihnen gegebene Belehrungen in Worten, durch verschiedene Ereignisse und andere Mittel als Führungen zur Umkehr von der eingeschlagenen falschen Bahn zu bewegen suche.
Wie dort die Ankunft des eigentlichen Lehrers, nämlich Meiner Selbst, vorausgesagt und vorbereitet werden sollte, so geschieht es nun auch schon seit längerer Zeit als Vorbereitung zu Meiner jetzigen geistigen Wiederkunft, denn wie die Juden damaliger Zeit vermöge ihrer Denk- und Handlungsweise nicht geeignet waren Meine Lehre ohne Vorbereitung zu verstehen, so müssen auch heute die Menschen, die noch im Schlamm des Eigennutzes vergraben schlafen, geweckt und gemahnt werden durch verschiedene unliebsame Ereignisse, Krankheiten, gesellschaftliche Umwälzungen usw., um endlich Meiner Stimme, die ihnen den Weg zurück zum Vaterherzen zeigen will, Gehör zu geben.
Die Zeit eilt mit Sturmesflügeln für jene dahin, die ohne nachzudenken so in den Tag hineinleben, wie dem Träumenden verschlafene Stunden wie Minuten verfliegen; deshalb ist es nötig, die im Weltschlaf versunkene Menschheit aus ihrem Geistesschlaf aufzurütteln, damit sie endlich darüber nachdenke, was sie eigentlich tun und wohin sie sich wenden soll, denn die Zeit drängt.


Die Zeit der Reinigung und ihre Folgen

Damals schon sagte Johannes: Der, Welcher nach mir kommt, hat schon die Wurfschaufel in der Hand, um auf der Tenne das Korn von der Spreu zu säubern.
Euer Weltverstand hat zur Reinigung des guten Samenkorns von dem schlechten und von der Spreu nun Maschinen statt der früher gebräuchlichen Wurfschaufel erfunden, die durch künstliche Luftbewegung die Säuberung besser und schneller vollbringen; ebenso aber gebrauche auch Ich jetzt Mittel, die schneller die Gutwilligen von den Saumseligen und Trägen scheiden sollen. Schon dreht sich das Schaufelrad in Meiner geistigen Wind-Getreidesäuberungsmaschine, wirbelnd regt es die Massen auf, und schleudert die schalenartig leichten und geistig verkümmerten Seelen, die gegen jede Mahnung zum Geistigen taub nur der Welt und ihren Freuden huldigen, weit von sich.
Damals rügte Johannes selbst den Lebenswandel Herodes, des Vierfürsten von Galiläa; und auch jetzt rügt die allgemeine Volksmeinung die ehrgeizigen Pläne so mancher Herrscher.
Herodes ließ zwar den Johannes einsperren, was auch manche Herrscher dem Volk tun möchten wenn es nur anginge, um ihm die Zunge zu hemmen und die Gedanken aus dem Kopf zu treiben, allein das wäre wie einst so auch jetzt wohl eine vergebliche Mühe; das Wort, der geistige Träger Meines Willens, ist weit mächtiger als aller Zwang und alle Waffen. Es überschreitet als körperloses Wesen die Schranken der materiellen Welt und regiert als Geistiges alles, denn Ich bin ja Selbst das Wort.
Damals hörte das Volk zwar Johannes an, aber sobald es auf Selbstverleugnung und Aufopferung ankam, wendete es ihm den Rücken wie auch Mir einst der reiche Jüngling tat, dasselbe tun auch heute die Menschen. Viele möchten Mir wohl nachfolgen, wenn sie nur nicht von ihrem angewohnten Welttum lassen müssten. Jetzt hören die meisten Menschen jene, denen Ich Mein Wort kund gebe, zwar auch an, aber sie lachen darüber und dünken sich in ihrem Weltverstand bei weitem klüger als jene mit ihrer Herzenssprache.
Arme verirrte Kinder! Es wird eine Zeit kommen, wo alle eure irdische Weisheit nicht ausreichen wird, euch einen Trost oder auch nur Ruhe zu geben; ihr werdet zwischen zwei Welten stehen, und Gott und euer Schicksal der Grausamkeit anklagen, weil die materielle Welt euch höhnend von sich abstoßen, und die geistige euch nicht aufnehmen wird.
Solche Qualen ahnte einst schon Johannes, weshalb er das Judenvolk wecken und zur Rückkehr in die göttliche Ordnung der Liebe antreiben wollte; und heutzutage, wo schon beinahe alle edle Eigenschaften der menschlichen Natur zu Grabe getragen wurden, und nur die Selbstsucht mit allen ihren Eigenschaften allein herrscht, ergeht dieser Mahnruf wieder, bekräftigt durch Drangsale aller Art, um mit Strenge das zu erreichen, was mit Milde bis jetzt bei den meisten Menschen nicht zu erreichen war.


Mahnruf und Verhaltensregeln

Damals unterzog Ich Mich als Christus der sichtbaren Taufe mit Wasser um euch ein sichtbares Sinnbild zu geben, wie ihr euch jetzt freiwillig in der Demut der unsichtbaren Taufe mit Meinem Geist unterziehen solltet. Dann wird das göttliche Licht auch euer Haupt umschweben gleich wie es damals das Meinige in Gestalt einer Taube umschwebte.
Tut doch jetzt, oh Kinder, so viel euch möglich ist, auf dass die Ströme des Lichts und der Gnade von oben nicht umsonst auf euch ergossen werden, zeigt euch würdig eurer Abkunft und eurer künftigen Bestimmung; möge die göttliche Stimme auch über eure Häupter und in euren Herzen jetzt ertönen wie damals und euch zurufen: Dieses ist Mein vielgeliebter Sohn, an dem Ich Mein Wohlgefallen habe, woraus ihr dann entnehmen könnt, dass ihr auf dem rechten Weg seid, Meine Kinder zu werden.
Seid mildtätig, seid barmherzig wie es euer Vater im Himmel ist, gebt, so wird euch gegeben, vergebt, so wird auch euch vergeben werden.
Wer mehr hat an Kleidung oder Nahrungsmittel als er bedarf, der teile es mit denen die solcher bedürfen; wer etwas zu verlangen hat von seinem Nächsten, der fordere nicht mehr als es rechtens ist.
Lasst euch nicht betören durch den rosigen Schein der Welt mit ihren weltlichen Gütern, denn bald naht sich die Zeit, wo ihr alles zurücklassen müsst und euch nur jene Güter bleiben die ihr im Innern errungen habt, und die weder Pest noch Krieg, weder Bedrängnis noch der Tod euch rauben können.
Lasst die sich gelehrt Dünkenden mit ihrer Afterweisheit, die Zeit ihres Triumphs ist kurz; folgt Meinem Rat, Meinem Mahnruf, und ihre werdet dann kein Otterngezücht nach dem Ausdruck Johannes sondern Meine Kinder sein, die Ich einst nach Meinem Ebenbild erschaffen habe, und nun wieder zu Meinem Ebenbild neu gestalten will, denn dieses ist an und in euch durch euer Handeln gegen Meine Ordnung zu einem wahren Zerrbild geworden, indem man Mein Ebenbild gar nicht wieder erkennt. Die äußere Körperform zeigt wohl noch entfernte Spuren der einstigen paradiesischen Schönheit, aber die Seele als der Sitz und der Tempel Meines Gottesfunkens, des Geistes, hat längst aufgehört, Meinem Ebenbild zu gleichen. Diesen Zwiespalt kann Ich nach Meinen Gesetzen nicht länger dulden, und es muss eine Harmonie zwischen Meinem Geist und dem Ebenbild in euch wieder hergestellt werden.
Wenn ihr auch die äußere Hülle, auf der eure Leidenschaften ihre Spuren zurückgelassen haben, nicht mehr ändern könnt, so trachtet doch wenigstens mit allen Kräften den inneren Geistmenschen wieder dem Urbild nachzubilden. Denn es gibt kein größeres, schöneres und ähnlicheres Ebenbild Meiner Selbst in der Schöpfung als das eines vollkommenen Menschen, denn in jedem geschaffenen Wesen ist nur ein Teil seines Abdrucks enthalten; doch er trägt als letzter Ausdruck der ganzen materiellen und geistigen Schöpfung die ganze Form jenes Urbildes in sich, das nicht nur euer Schöpfer und euer Herr sondern euer Vater sein will; jenes Wesens, Das mit unerbittlicher Strenge und Willenskraft euch Gesetz vorschreiben und entweder göttlich belohnen oder auch unerbittlich vernichtend strafen könnte, aber nur verzeihen, Liebe spenden, und Liebe empfangen will.


Die Friedenshand Jesu ergreifen

Zu damaliger Zeit war ein Vorläufer nötig, der die Menschen auf Meine Ankunft vorbereitete; jetzt bin Ich es Selbst, Der euch die Friedenshand entgegenstreckt um euch zu leiten in den Bedrängnissen, die jetzt nach und nach über die Menschheit kommen werden um ihre Halsstarrigkeit zu brechen. Stoßt diese Hand nicht zurück, denn ihr findet keine stärkere und bessere; jeder menschliche Arm ist zu kurz, nur der Meine reicht in alle Entfernungen, und erreicht den Fliehenden noch selbst über jenen Räumen wo der letzte Stern seine Strahlen verbreitet, und die ewige Unendlichkeit sich ausdehnt. Auch dort wird noch die selbe Hand, die hier den Liebenden an sich zieht, ihn leitet, führt und Ersatz bereiten wird, ja ewigen Ersatz für alles das was zur Prüfung nötig war, um aus Meinen nach Meinem Ebenbild geformten Menschen Meine Kinder zu erziehen.
Johannes predigte in der Wüste und tat dies geflissentlich, weil die Wüste vermöge ihrer Ödigkeit den Zuhörern keine Zerstreuung darbot; und auch Ich predige jetzt in einer Wüste des materiellen Lebens, das, dank dem forschenden Menschenverstand, bar geworden ist von allem was das Herz erquicken sollte; und so suche Ich gleich Johannes inmitten des Sand- und Steinreichs die geistige Blume der Liebe zu pflanzen, die vom Erdreich keine Nahrung ziehend, selbe nur von Oben bekommt.
Und jetzt inmitten der gedankenleeren Wüste des geistig-göttlichen Lebens auf dem steinigen, von Egoismus ausgetrockneten Boden der modernen, spekulativen Verstandeswelt, ergeht wieder der Ruf: Wacht auf! Vergesst Den nicht, Der, obwohl im ganzen Weltenall thronend, doch auch in jedes Menschenbrust seinen Wohnsitz aufschlagen möchte; vertieft euch in euer Innerstes um dort die Quelle der nie versiegende Freude, des nie endenden Trostes, und der nie verwelkenden Liebe als Grundprinzip alles Geschaffenen und Belebten zu finden, um dort Den wieder zu finden, Der überall in blumenreichen Gärten, in schattigen Wäldern, auf den höchsten Bergesgipfeln, sowie weit hinauf bis zur letzten Weltensonne immer der Gleiche ist, Der Sich nie ändert, und von Den in Seiner ähnlichen Formen hingestellten Wesen als Schöpfer und Vater nur jenes Gegengefühl fordert, das Eltern von ihrem Kind als erstes Zeichen geistiger Verwandtschaft anerkennen, nämlich die Liebe zu Dem, Dem es sein Dasein verdankt.


Die freie Wahl zwischen Welt und Geist

Während eure schwachen weltlichen Herrscher euch zur Achtung und zum Gehorsam durch Gewalt und eine Menge Gesetze zwingen wollen, setze Ich euch frei in die Schöpfung hinaus und ihr könnt frei wählen zwischen Liebe oder Hass, Licht oder Finsternis, Leben oder Tod. Die Zeit kommt stets näher, wo diese Wahl entscheidend getroffen werden muss.
Mein Ruf erschallt an euch, damit ihr nicht schlaftrunken von den Ereignissen überrascht werdet, sondern mit klarem Bewusstsein und ruhigem Herzen den Dingen entgegensehen könnt, die ja nur für jene bestimmt sind, die sich nicht durch sanftere Mittel erwecken ließen.
Während eure Herzen den sanften Harmonien der Liebe lauschen, werden dort die Posaunen, von denen Mein Lieblingsapostel Johannes spricht, ertönen, wenn die Engel die Zornschalen über die Häupter der Harthörigen, die trotz aller Mahnungen Meinen Liebeworten kein Gehör geben wollen, ausgießen werden.
Oft genug machte Ich euch aufmerksam: Es werden böse Zeiten kommen. Ich wiederhole es hier wieder: Die Zeiten werden böse werden für jene, die stets an den Honig des weltlich-sinnlichen Genusslebens gewöhnt, das Bittere nicht als Heilmittel sondern als ein Vernichtungsmittel ansehen zu müssen glauben; ihr aber macht euch einen Schild gegen alle solche bitteren Ereignisse aus dem Bewusstsein der guten Tat!
Dieses sei der Sinn von jener Bußpredigt auf euch und die nun kommenden Zeiten angewendet. Wer Ohren hat, der höre! Amen.


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