PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
8.
Am dritten Sonntag nach Weihnachten
Die Hochzeit zu Kana
Johannes 2,1-11: Und am dritten Tag ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa; und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit geladen. Und da es an Wein gebrach, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben nicht Wein. Jesus spricht zu ihr: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut. Es waren aber allda sechs steinerne Wasserkrüge gesetzt nach der Weise der jüdischen Reinigung, und ging in je einen zwei oder drei Maß. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt's dem Speisemeister! Und sie brachten's. Als aber der Speisemeister kostete den Wein, der Wasser gewesen war, und wusste nicht, woher er kam (die Diener aber wussten's, die das Wasser geschöpft hatten), ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zum ersten guten Wein, und wenn sie trunken geworden sind, alsdann den geringeren; du hast den guten Wein bisher behalten. Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat, geschehen zu Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.
Empfangen am 1. Januar 1872
Die Ereignisse aus dem Erdenleben Jesu wiederholen sich jetzt geistig
Dieses Kapitel Johannes beginnt mit der Hochzeit zu Kana in Galiläa, wo Ich die erste Wundertat verrichtete, indem Ich Wasser in Wein verwandelte.
Dieses Ereignis, das sich zu Anfang Meiner Lehrjahre zutrug wo Ich eigentlich noch nicht lehrend aufgetreten war, sollte durch die Verkettung der Umstände dazu dienen, die Aufmerksamkeit vieler auf Mich zu lenken; denn in Kurzem begann Mein öffentliches Wirken, wodurch Mein Wandel im Verborgenen ein Ende hatte.
Eine Hochzeit ist zwar ein schon oft dagewesener und sich stets wiederholender Akt, der obwohl viel Geistiges enthaltend, doch von den meisten Menschen höchst materiell, ja sogar gemein behandelt wird.
Wenn es bloß eine solche Hochzeit gewesen wäre, so würde Ich Mich dort wohl nicht eingefunden haben; aber so verband Ich mit dem Besuch dieser Hochzeit den Zweck, die Juden langsam auf Mein öffentliches Auftreten aufmerksam zu machen.
Was diese Handlung und alle weiteren betrifft, die in diesen sonntäglichen Evangelien berührt werden, so werden die Zeiträume wo dieses alles geistig zum zweiten Mal sich jetzt wiederholt größer sein, als während Meines kurzen Aufenthalts und Meiner drei Lehrjahre auf Erden; denn damals musste Großes und für eine ewige Dauer Bestimmtes in kurzer Zeit gegeben werden, jetzt aber, wo es sich um die Vollendung der geistigen Bildung der Menschheit handelt, jetzt fließt der Strom der Ereignisse langsamer, aber desto gewaltiger alle Hindernisse überwindend, die sich bis zu Meiner Wiederkunft gegen Meine Pläne erheben.
Zur ehelichen Verbindung
Um nun bei der Hochzeit zu Kana wieder anzuknüpfen, so muss Ich euch vorerst erklären, was eine Hochzeit ist, wie selbe bei euch gefeiert wird und wie Ich selbe eigentlich gefeiert haben möchte, damit ihr später die geistige Bedeutung derselben in Bezug auf die ganze Menschheit erkennen mögt; wie ja auch die Verbindung zweier Menschen zu einer Ehe auf die ganze Menschheit bezogen in der Entsprechung ihre tiefe Bedeutung hat.
Eine Hochzeit ist eigentlich der Abschluss von einem vorhergegangenen Übereinkommen zweier Menschen verschiedenen Geschlechts, die durch Sympathie angezogen, dem Drang ihrer Seele nachgeben und gesonnen sind, diese einmal angefangene geistige Verbindung während ihrer Lebensdauer aufrecht zu erhalten, stets mehr eins miteinander zu werden, Freud und Leid gemeinsam zu tragen, und dieses Übereinkommen durch einen gesetzlichen Akt zu feiern, worauf die einzelne Individualität eigentlich aufhört, und ein gemeinsames Leben, das Familienleben, vorgezogen wird.
Solch eine Vereinigung zweier sich gefunden habender Seelen sollte aber nicht nur für das kurze irdische, sondern auch für das jenseitige Leben gelten, indem beide durch das Streben nach gleichem göttlichen Ziel sich immer mehr zu vereinigen trachten, und endlich in diesem Streben ein Herz und ein Sinn, wie ihr sagt, werden sollten.
Eine jede solche Verbindung sollte nur auf der Grundlage einer geistig-sittlichen Liebe und gegenseitiger Achtung zum Zweck des Familienlebens eingegangen werden; denn durch das von Mir bestimmte Naturgesetz der Paarung wollte Ich nicht allein das Zusammenleben zweier Individuen bezwecken, sondern Ich wollte dadurch auch aus Liebe gezeugte Früchte haben, die die besseren Eigenschaften des Gemüts des Einen und Anderen fortpflanzen und dadurch, so wie durch eine nachfolgende gute Erziehung im Familienleben noch mehr veredeln sollten.
So bildet Mein Gesetz, das Ich in die Natur als Drang zur Fortpflanzung legte, eine ewige Stufenleiter von Wesen zu Wesen bis zu Mir. Das wollte Ich! Und was habt ihr Menschen daraus gemacht? – Einen Markt mit Menschenfleisch und von Seelenverkäufern. Die gemeinste, sinnliche Liebe oder materielle Interessen sind jetzt fast der einzige Beweggrund zum Schließen einer Ehe; und so war es auch schon zu Meiner Zeit auf Erden.
Eine Religion, eine Kirche, eine Herde
Seht, was Ich euch von der ehelichen Verbindung zweier Personen sagte, das soll nun geistig auf der Grundlage der in den Evangelien niedergelegten Liebelehre zwischen den verschiedenen Sekten der Christen geschehen; auch sie sollen sich in der Liebe zu einer einzigen Familie verbinden. Schon nähert man sich und tritt mehr in geistigen Verkehr; man kommt nach und nach zur Erkenntnis der geringen Unterschiede in den Ansichten und Auslegungen der immer sich stets gleichgebliebenen Bibel, durch die die Trennung verursacht wurde.
Schon beginnen durch eben diesen Austausch von Meinungen die vermeintlichen Hindernisse sich zu verringern, kleiner zu werden, um einst ganz zu schwinden; es werden schon Vorbereitungen zu einem gemeinsamen Leben getroffen und das Vereinigungs- oder Hochzeitsfest, zu dem es wahrlich höchste Zeit ist, wird gefeiert werden.
Wenn nun diese Vereinigung sich ihrem Ziel nahen wird, dann werde auch Ich wieder das nüchterne Glaubenswasser in geistigen Liebewein verwandeln, und es werden dann die Menschen fragen: Warum haben wir denn vorher den schlechten Wein getrunken und den besten bis auf zuletzt aufgespart?
Und Ich werde ihnen antworten: Weil ihr früher nicht fähig wart, Meinen Liebewein gehörig zu würdigen und zu schätzen, und nur Missbrauch damit getrieben hättet; aber jetzt, wo ihr euch an eurem schlechten, von Menschen zusammengemischten Wein satt getrunken habt, jetzt, wo ihr in Bezug auf Trinklust ruhiger geworden seid, und Gutes vom Schlechten unterscheiden gelernt habt, jetzt komme Ich und gebe euch nichts Neues, was ihr nicht schon kennt, sondern denselben Wein, den ihr schon früher getrunken habt, nur von seinem schlechten Zusatz gereinigt als göttlichen Trank, den aber nur jene verdienen, die die Sinnlichkeit und das Materielle weit hinter sich geworfen haben, ihre geistige Natur erkennend nur nach geistiger Speise und eben solchem Trank lechzen.
Dahin zielt das ganze Treiben der Menschen, alle sind satt der schlechten Brühe, die ihnen als göttlicher Trank vorgesetzt wurde; sie ahnen etwas Besseres, und jeder glaubt, der andere habe vielleicht das Bessere schon was ihm selbst fehlt. Durch dieses Fragen und Suchen schwinden die Gegensätze des religiösen Fanatismus, und die Vereinigung geht vor sich, wo Ich dann kommen werde als der Eine Hirt zur geeinten Herde.
Seht, das ist die auf die Gegenwart passende geistige Entsprechung der damaligen Handlung auf der Hochzeit zu Kana, zu deren Beiwohnung Mich nicht die sinnliche materielle Seite bestimmte, sondern einerseits der Wunsch Meiner Leibesmutter Maria, andererseits der Zweck, schon dort einen Grundstein zum Bau Meiner großen geistigen Kirche zu legen.
Beachtet diese Worte und richtet eure Augen auf die kommenden religiösen Bewegungen, so werdet ihr sehen wie einem Naturgesetz folgend, wonach Ähnliches das Ähnliche sucht, auch die gleichgesinnten Geister einander suchen, sich finden, sich einander nähern, und sich miteinander vereinen werden, um so den Tag der ewigen Verbindung mit Mir, dem Hochzeitstag, entgegen zu streben, und um den Namen zu verdienen, den Ich allen denen vorbehalten habe die Meine Lehre ausüben und den ersten Grundsatz Meiner ganzen geistigen und materiellen Schöpfung, den der Liebe, zu ihrer Lebensmaxime gemacht haben, um eines himmlischen Vaters würdige geistige Kinder zu werden. Amen.